EJDM: Fischereiabkommen zwischen der EU und Marokko illegal
In einer Presseerklärung fordert die Europäische Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt (EJDM) die Europäische Union auf, nicht länger Komplize der marokkanischen Regierung zu sein bei der illegalen Ausbeutung der Fischgründe vor der Küste der Westsahara.
Veröffentlicht 09. Februar 2011


Presseerklärung
Fischereiabkommen zwischen EU und Marokko rechtswidrig
9. Februar 2011
Hier der Text der Presseerklärung als Download (pdf)
www.ejdm.eu

Vor den Küsten der von Marokko illegal besetzten Westsahara sind Fischfangflotten aus Ländern der Europäischen Union an der Ausbeutung der Fischgründe beteiligt. Als Rechtfertigung dient ein Fischereiabkommen zwischen der EU und Marokko, welches in regelmäßigen Abständen erneuert werden muss. Das Abkommen ist so formuliert, dass es die Fischgründe vor Marokko erwähnt, die Fischgründe vor der West-Sahara nicht ausdrücklich ausschließt. Da die marokkanische Regierung die Westsahara – unter Missachtung zahlloser UN-Sicherheitsratsbeschlüsse und eines Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs - als sein Territorium betrachtet, wird das Abkommen von beiden Seiten so verstanden, dass es auch die Fischgründe vor der Küste der Westsahara umfasst. Das derzeitige Abkommen läuft Ende Februar 2011 aus.
Nach einem Gutachten des juristischen Dienstes des Europaparlaments welches 2010 veröffentlicht wurde, sind die Fischereiaktivitäten vor der Küste der Westsahara illegal, insbesondere wegen des Status der Westsahara als Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung im Sinne des Artikels 73 der UN-Charta.
Der juristische Dienst empfahl daher nachdrücklich die Fischereiaktivitäten in dieser Region einzustellen soweit sie nicht im Einklang stehen mit dem Völkerrecht, die Wünsche und Interessen der einheimischen saharaouischen Bevölkerung der Westsahara in den Konsultationen zu berücksichtigen und das Abkommen mit Marokko entweder zu im regionalen Geltungsbereich zu erweitern oder es insoweit auszusetzen.

Die EJDM fordert die Europäische Union auf
  • bei der illegalen Ausbeutung der Fischgründe vor der Küste der Westsahara nicht länger Komplize der marokkanischen Regierung zu sein;
  • bei einer Verlängerung des Fischereiabkommens die Fischgründe vor der Küste der Westsahara ausdrücklich auszuschließen und hierüber gegebenenfalls gesonderte Abkommen mit der politischen Vertretung der Sahraouis abzuschließen.
  • Falls die Europäische Union - ungeachtet der rechtlichen Bedenken – das Abkommen im bisherigen Umfang mit Marokko abschließen will, dann darf dies nur geschehen, wenn vorher der sahraouischen Bevölkerung in der Westsahara die Gelegenheit eingeräumt wurde, ihre Meinung über die Ausbeutung der Fischgründe in die Verhandlungen mit einzubringen und sicher zu stellen, dass die Zahlungen der Europäischen Union für die Ausbeutung der Fischgründe vor der Küste der Westsahara der sahraouischen Bevölkerung zu Gute kommen;
  • bei allen anderen Abkommen und Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung, welche die natürlichen Ressourcen der West-Sahara betreffen gleichermaßen zu verfahren.

    Alle künftigen Vereinbarungen mit Marokko unter die Bedingung zu stellen,
  • dass die marokkanische Regierung konstruktiv die Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats zur Durchführung eines Referendums über den künftigen völkerrechtlichen Status der Westsahara umsetzt und die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der Saharouis nicht länger verhindert;
  • dass die marokkanische Regierung in den von Marokko besetzten Gebieten der Westsahara die Menschenrechte respektiert, insbesondere die von Marokko ratifizierten Pakte über bürgerliche und politische Rechte sowie über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte;
  • dass die marokkanische Regierung die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen bestraft und die politischen Gefangenen frei lässt.
  • Nachrichten

    Sahrauische Fischbestände im Schleppnetz der „Helen Mary“

    Foto: Pierre Gleizes / Greenpeace Polen, aufgenommen am 5. November 2014, unverändert

    Im Juli 2019 trat das neue Fischereiabkommen der EU mit Marokko in Kraft, was entgegen der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes die Gewässer der Westsahara einschließt. Marokko verteilt in dem Abkommen Lizenzen zum Plündern der Fischbestände des von ihm besetzten Territoriums. Seit Ende August fischt nun das deutsche Fabrikschiff „Helen Mary“ vor der Küste der besetzten Westsahara.

    19. Oktober 2019

    Corell: EU Fischereiabkommen und Ölsuche sind unverantwortlich

    Aufgrund jüngster Erklärungen des marokkanischen Königs zur Westsahara fordert der ehemalige UN-Unter-Generalsekretär für Rechtsfragen Hans Corell in einem Artikel die EU auf, ihr Fischereipartnerschaftsabkommen zu überarbeiten. Darüber hinaus betont er, dass die laufenden Öl-Erkundungen in völligem Widerspruch zu seinem Rechtsgutachten stehen, das er für den UN-Sicherheitsrat erstellt hat.
    27. Februar 2015

    Aminatu Haidar – Offener Brief an das EU-Parlament

    “Ich wünsche mir eine freie Gesellschaft in der Westsahara. die in der Lage ist, selbst zu entscheiden, wie sie ihre natürlichen Ressourcen verwenden will. Der wirtschaftliche Nutzen soll meinem Volk zu Gute kommen und nicht der marokkanischen Besatzungsmacht, die mit der Unterstützung des Königs und der marokkanischen Armee unser Territorium einnimmt und unseren Reichtum raubt." Aminatou Haidar, die prominente Menschenrechtsaktivistin der Westsahara, richtete sich heute in einem Brief an das Europäische Parlament.
    09. Dezember 2013

    Mehr Videos von Demos gegen den EU/marokkanischen Fischerei-Deal


    Die sahrauischen Social Medias kochen über mit Bildern und Videos der gestrigen Demonstrationen gegen das Partnerschaftsabkommen der EU mit Marokko zur Nutzung der Fischbestände in der besetzten Westsahara. Hier eine Auswahl.
    09. Dezember 2013