Diskussion über die Rechtmäßigkeit des Agrarabkommens EU-Marokko
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Die EU-Kommission hat das Freihandelsabkommen Agrar- und Fischprodukte mit Marokko bereits unterzeichnet. Jetzt muss dem noch das Europäische Parlament zustimmen und durch Ratifizierung in Kraft setzen.
Veröffentlicht 21. Januar 2011


Aus Sicht des spanischen Landwirtschaftsverbandes COAG (Coordinadora de Organizaciones de Agricultores y Ganaderos) ist dieses Freihandelsabkommen rechtswidrig, weil es das Gebiet der von Marokko besetzten Westsahara nicht explizit ausschließt.

Für den 27. Januar 2011 haben COAG unter der Leitung von Andrés Góngora mit dem EU-Parlamentarier José Bové (Grüne - Frankreich) ein Treffen vereinbart, um über den Inhalt des Abkommens – vor allem über seine Rechtmäßigkeit – zu beraten. Bové erklärte vergangenen Dienstag, dass die Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Europäischen Parlaments über die Rechtmäßig oder Unrechtmäßigkeit dieses Entwurfs Ende Januar 2011 vorliegen werde. Bereits im Sommer 2009 erklärte der Juristische Dienst des Europäischen Parlaments das Fischereiabkommen zwischen der EU und Marokko für völkerrechtswidrig, weil die Interessen und Wünsche der Bevölkerung der Westsahara darin nicht berücksichtigt werden. Außerdem
sei diese weder befragt worden, noch würde sie von diesem Abkommen in irgendeiner Weise profitieren.

Gegenüber der Tageszeitung „Diario de Almería“ vom 22. November 2010 äusserte der Sekretär des COAG, Andrés Góngora, dieses Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Marokko, das die Westsahara einschließt, als gesetzeswidrig: "Bis heute haben die Vereinten Nationen die Hoheit Marokkos über die Westsahara nicht anerkannt; das Gebiet liegt ausserhalb der marokkanischen Staatsgrenzen. Indem das gegenseitige Landwirtschaftsabkommen zwischen der EU und Marokko ein Gebiet mit einschließt, das von der UNO als nicht selbständig regiertes Territorium erklärt wird, verstößt es gegen das Völkerrecht.“

Der Spanischer Landwirtschaftsverband prangert AZURA Konzern an
COAG prangert zudem den AZURA Konzern an, innerhalb der Europäischen Union, Tomaten aus der besetzten Westsahara anzubieten und zu verkaufen. AZURA ist einer der Hauptakteure auf dem europäischen Markt im Bereich der Tomate. Der französisch-marokkanische Konzern AZURA ist ein Gemüse- und Früchteproduzent, der sich laut eigenen
Angaben auf die Produktion von Tomaten außerhalb der Saison und auf die Diversifizierung des Tomatensortiments spezialisiert hat: runde, ovale, rote, gelbe, Cocktail-, Cherry- und Rispentomaten. Für die Saison 2010/11 rechnet AZURA mit einem Verkauf von nahezu 100.000 Tonnen Obst und Gemüse, davon 91.000 Tonnen Tomaten. Die ersten Gewächshäuser errichtete das Unternehmen im Jahr 1988 in Agadir. Mittlerweile gehört AZURA zu den Spitzenbetrieben bei der Anwendung neuer Biotechnologie und neuen Infrastruktur- und Bewässerungsmethoden.


Andrés Góngora vom Landwirtschaftsverband COAG stellt darüber hinaus fest, dass der Konzern AZURA seit 2006 auch in Dakhla, im Süden der besetzten Westsahara, auf einer Fläche von 200 Hektar Gewächshäuser für Tomatenkulturen besitzt. Das Unternehmen exportiert seine Produkte via die gigantische Logistikplattform mit Kühllagern im südfranzösischen Perpignan in die EU-Staaten. AZURA konkurriert mit seinen Produkten gegen die Gemüseproduzenten im Süden Spaniens. Der COAG, so sein Sekretär Andrés
Góngora, musste feststellen, dass Marokko in den letzten Tagen des Dezembers 2010 und Anfang Januar 2011 das Kilo Tomaten unter dem vereinbarten Minimalpreis von 0,461 € in den Handel brachte. Laut den Daten der Stelle für Preisüberwachung beging Marokko Anfang Januar 2011 auch ähnliche Verstöße mit dem Unterbieten und Nichteinhalten der Minimalpreise bei Zucchini. „Marokko hat nun drei Monate Zeit, entweder die Zollgebühren zu entrichten oder die entsprechenden Belege vorzuweisen, die die Erhebung des ordentlich vereinbarten Minimalpreises bei seinen Kunden bestätigen. Wir sind sicher, es wird keinen Cent für die Zuwiderhandlung bezahlen“, meint Andrés Góngora.

Bewirtschaftung der Gewächshäuser
Die Bewässerungsanlagen für die Gemüsekulturen in der Region Dakhla/Westsahara, werden ausschliesslich aus fossilen Wasserreserven gespeist. Das Wasser wurde mittels C14 datiert. Es handelt sich um hoch mineralisiertes vorgeschichtliches Grundwasser, das noch nicht in den oberflächlichen Wasserkreislauf einbezogen war und nicht erneuerbar ist. Selbst wenn mit modern ausgestatteten Bewässerungssystemen sparsam bewässert wird, handelt es sich hier nicht um ein nachhaltiges Wassermanagement, sondern analog der Plünderung von Phosphat, Erdöl oder Fisch um Raubbau an den natürlichen Ressourcen des saharauischen Volkes.
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