WSRW: Presse Erklärung

An die Aktionäre gerichtete Kampagne mit dem Ziel, Kerr-McGee's Aktivitäten in der besetzen Westsahara zu beenden

Veröffentlicht 28. Februar 2005

PRESSE ERKLÄRUNG

von Western Sahara Resource Watch (WSRW),
ein internationales Bündnis der Zivilgesellschaft

Rotterdam, Berlin, Delémont, 28. Februar 2005

An die Aktionäre gerichtete Kampagne mit dem Ziel, Kerr-McGee's Aktivitäten in der besetzen Westsahara zu beenden

Western Sahara Resource Watch (WSRW), ein Zusammenschluss von Organisationen der Zivilgesellschaft aus 20 Ländern, startet heute eine Kampagne gegen den US-amerikanischen Energie-Konzern Kerr-McGee (KMG). Dieses Unternehmen mit Hauptsitz in Oklahoma City beteiligt sich an der illegalen, ethisch nicht vertretbaren und politisch umstrittenen Plünderung von Kohlenwasserstoffen (Erdgas und-öl) in Gebieten der von Marokko okkupierten Westsahara. Seit 1975 hält Marokko die Westsahara völkerrechtswidrig besetzt, während die Menschen des Territoriums unter der Führung der Frente Polisario um ihr Selbstbestimmungsrecht und ihre Unabhängigkeit kämpfen müssen. Kerr-McGee lässt seit 2001 auf der Grundlage einer Genehmigung der staatlich-marokkanischen Ölgesellschaft ORANEP in den Hoheitsgewässern der Westsahara nach Öl- und Gasvorkommen suchen. Heute beginnt die internationale Solidaritätsbewegung mit der Westsahara, von den 600 größten Aktionärsgesellschaften von Kerr-McGee &endash; darunter auch 15 deutsche &endash; zu verlangen, den umstrittenen Explorationsvertrag nicht über sein derzeitiges Ende, den 1. Mai 2005 zu verlängern.

Die Westsahara ist Afrikas letzte Kolonie. Noch unter spanischer Kolonialherrschaft stellte im Mai 1975 eine UN-Mission fest, dass der überwiegende Teil der sahrauischen Bevölkerung die nationale Befreiungsorganisation Frente Polisario unterstütze und grundsätzlich für die Unabhängigkeit und gegen die Eingliederung in das Königreich Marokko sei. Mitte Oktober desselben Jahres entschied der Internationale Gerichtshof für das Recht auf Selbstbestimmung einschließlich der Unabhängigkeit der Bevölkerung der Westsahara. Ungeachtet dieser Gerichtsentscheidung besetzte Marokko in den ersten Novembertagen das Territorium und zwang die Mehrheit der Bevölkerung zur Flucht in Flüchtlingslager nach Algerien. Marokko weigert sich weiterhin seit 1991 einen UN-Friedensplan umzusetzen, der ein Referendum für die Bevölkerung vorsah, worin diese sich zwischen der Unabhängigkeit und der Integration ins Königreich Marokko frei hätten entscheiden können. Nach Rechtsauffassung der Vereinten Nationen ist die Westsahara ein „nicht selbst regiertes Territorium", worin die Ausbeutung von Erdgas und-öl illegal sei.

"Es ist bemerkenswert, dass Kerr-McGee die politischen, rechtlichen und humanitären Dimensionen der Katastrophe, die es der kolonisierten Bevölkerung, den Sahrauis, antut, bis heute nicht begreift. Vor drei Jahren verweigerte das Unternehmen unsere Argumente zur Kenntnis zu nehmen. Jetzt wenden wir uns an seine Aktionäre, in der Hoffnung von einigen von ihnen Unterstützung zu erfahren", sagt Richard Knight, Mitglied der "Association of Concerned Africa Scholars" und Sprecher von "Western Sahara Resource Watch".

Die Kampagne fordert die Aktionäre auf, eine aktive Rolle als Investoren zu übernehmen und KMG zu veranlassen, den bestehenden Vertrag nicht über den 1. Mai 2005 hinaus zu verlängern.

Falls dieser konstruktive Druck von Seiten der Aktionäre nicht zu dem gewünschten Wechsel von KMG\'s Firmenpolitik führen sollte, wird die Kampagne die Investoren auffordern, ihre Anteile zu veräußern.

Vor diesem Hintergrund haben bereits sowohl eine norwegische als auch eine niederländische Seismik-Firma entschieden, ihre Aktivitäten in der Westsahara wegen der politischen Implikationen des bestehenden Vertrages einzustellen. Diese Entscheidung war die Folge eines entsprechenden Drucks seitens der Aktionäre und Dutzenden Aktienverkäufen im vorigen Jahr. Darüber hinaus haben bereits eine dänische und eine französische Firma das Gebiet verlassen, sodass KMG das einzige ausländische Unternehmen ist, das weiterhin in der Westsahara aktiv ist.

Ein großer Investor hat bereits seine KMG-Aktien abgestoßen &endash; der norwegische Aktienfonds

Skagenfondene hat seine 100.000 Anteile verkauft und dabei einen Verlust von 2 Millionen US-$ in Kauf genommen. Wegen der anhaltenden negativen Schlagzeilen, die KMG wegen seiner Aktivitäten in den besetzten Gebieten hervorrief, wurden die Anteile als zu risikoreich empfunden. Z.Zt. überlegt auch der norwegische Erdöl-Fonds, der sich in staatlichem Besitz befindet, seine Anteile abzustoßen, die auf über 7 Millionen US-$ geschätzt werden.

"Die Kampagne gegen Kerr-McGee hat zu einer eindrucksvollen weltweiten Mobilisierung geführt. Heute haben 19 Organisationen auf vier Kontinenten gleichzeitig begonnen, KMG-Aktionäre in ihren jeweiligen Ländern anzuschreiben. Im vorigen Monat haben wir Anlageberatungsfirmen in der ganzen Welt kontaktiert und sie auf die Hintergründe dieses Plünderungsvertrages aufmerksam gemacht sowie gebeten, ihre Kunden aufzufordern KMG-Aktien zu veräußern. Jetzt die Aktionäre zu kontaktieren ist der zweite, folgerichtige Schritt unserer Strategie," sagt Liesbeth de Haan von der niederländischen Stiftung für das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes.

Kein Land der Welt erkennt Marokko's Souveränität über die Westsahara an. Die Polisario &endash; Exilregierung, ein Gründungsmitglied der Afrikanischen Union, das von mehr als 70 Staaten einschließlich Südafrika anerkannt ist, hat den KMG-Vertrag scharf verurteilt.

"Marokko's geplanter Diebstahl von Kohlenwasserstoffen der Westsahara ist unmoralisch und illegal. Seit Kerr-McGee den Erkundungsvertrag mit ONAREP 2001 unterzeichnet hat, hat Marokko den UN-Friedensprozess zum Erliegen gebracht. Selbst einen weitreichenden Plan des ehemaligen US-Außenministers James Baker hat Marokko abgelehnt. Kerr-McGee's Aktivitäten haben bereits die Friedensbemühungen blockiert und tragen zu wachsenden Spannungen in der Region bei. Falls Kerr-McGee fortfährt, müssen klare rechtliche Mittel gegen die Firma ergriffen werden. Wir fordern Kerr-McGee in scharfer Form auf, den Vertrag nicht zu erneuern. Wir sind ziemlich sicher, dass unsere Maßnahmen Kerr-McGee veranlassen werden als letztes verbliebenes Unternehmen sich aus der Westsahara zurückzuziehen. Die Frage ist unter welchen Umständen und wann," sagt Jacob Mundy, Gründer der Freunde der Westsahara (www.friendsofwesternsahara.org).


Innerhalb des deutschsprachigen Raumes können Sie sich auch an ARSO oder Kritische Ökologie/ifak e.V. redaktion@kritische-oekologie.de wenden.

Die Kampagne wird von der neu gegründeten Western Sahara Resource Watch (WSRW) koordiniert. WSRW ist ein weltweites Netzwerk von Organisationen, die für den Erhalt der natürlichen Hilfsquellen für eine nachhaltige Nutzung durch die Bevölkerung arbeiten. Dies umso mehr als deren Souveränität über ihre Ressourcen ein Recht mit Gemeinschaftsnorm ("erga omnes-Verpflichtung") wie es in zahlreichen UN-Resolutionen und Menschenrechtsdokumenten festgelegt ist.

 

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