Marokko hat eine Ausschreibung für den Bau von Solaranlagen an neun verschiedenen Standorten, unter anderem in der besetzten Westsahara, veröffentlicht.
Eine neue Ausschreibung, die von der marokkanischen Regierung am 29. Januar 2020 veröffentlicht wurde, sieht die Entwicklung von neun Photovoltaik-Solarkraftwerken mit einer Gesamtleistung von 400 MW unter dem Titel "NOOR PV II" vor. Das Foto auf der rechten Seite zeigt die Projektstandorte, die in der Ausschreibung enthalten sind. Sieben der ausgewählten Standorte befinden sich tatsächlich in Marokko.
Zwei Standorte jedoch nicht: Sie befinden sich in der besetzten Westsahara, in El Aaiun (Laayoune) und Boujdour.
Das Projekt NOOR PV II kann als Folgeprojekt von NOOR PV I betrachtet werden, das die Entwicklung von 170 MW Solarenergiekapazität an drei verschiedenen Standorten umfasste: 70 MW in Ouerzazate (Marokko selbst) und 100 MW in der besetzten Westsahara - 80 MW in El Aaiun und 20 MW in Boujdour. Dieses Projekt wurde von ACWA Power in einem Konsortium mit Shapoorji Pallonji, Sterling & Wilson und Astronergy durchgeführt.
Marokko hat internationales Lob für seine Investitionen in erneuerbare Energien erhalten. Es gibt jedoch eine sehr dunkle Seite des Bildes, da ein bedeutender Teil des grünen Energiepotenzials Marokkos in Wirklichkeit außerhalb seiner international anerkannten Grenzen und innerhalb der Teile der Westsahara, die es unter militärischer Kontrolle hält, entwickelt wird. Die Entwicklung ist insofern zutiefst beunruhigend, als dass sie Marokko noch stärker von seiner unvertretbaren Präsenz in der Westsahara abhängig macht, um seinen eigenen Energiebedarf zu sichern - die in der besetzten Westsahara erzeugte Energie ist an das nationale Stromnetz Marokkos angeschlossen.
Darüber hinaus tragen die Anlagen für erneuerbare Energien in der Westsahara dazu bei, dass Marokko die natürlichen Ressourcen des Gebiets ausbeutet. Der Windpark Foum El Oued zum Beispiel liefert 95% der Energie, die für die Ausbeutung der Phosphatminen von Bou Craa benötigt wird.
Gegenwärtig ist die installierte Solarenergiekapazität Marokkos in der Westsahara mit rund 100 MW bescheiden. Es ist jedoch geplant, die Kapazität erheblich zu erhöhen auf ein Niveau, mit dem die Westsahara 40% der gesamten marokkanischen Sonnenenergieleistung liefern würde.
"Die Unternehmen, die sich für diese Ausschreibung bewerben, sollten verstehen, worauf sie sich einlassen. Jedes Unternehmen, welches die marokkanische Energieproduktion in der Westsahara entwickeln würde, trüge dazu bei, die Besatzung zu stärken", erklärte Sylvia Valentin, Vorsitzende von Western Sahara Resource Watch.
Im Laufe der Jahre haben internationale Finanzinstitutionen wie die KfW, die Europäische Investitionsbank und die Weltbank klargestellt, dass sie nicht in Projekte für erneuerbare Energien in der Westsahara investieren würden. Infolgedessen musste Marokko nach alternativen Möglichkeiten zur Finanzierung des NOOR PV I-Programms suchen - durch grüne Anleihen.
Die Ausschreibung wird am 28. Februar 2020 abgeschlossen. Der Gewinner der Ausschreibung wird im zweiten Quartal 2020 bekannt gegeben. Das Dokument der Ausschreibung kann hier heruntergeladen werden.
Der französische Konzern VINCI will keine Fragen zu seiner möglichen Beteiligung an einem Windenergieprojekt in der besetzten Westsahara in Zusammenarbeit mit dem marokkanischen Premierminister beantworten.
Das Unternehmen Dahamco aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) mit Verbindungen nach Belgien will mehrere Milliarden Dollar in ein höchst problematisches Energieprojekt auf besetztem Gebiet investieren.
Siemens Energy ist unter den multinationalen Konzernen, die Berichten zufolge Interesse bekundet haben, Marokko beim Transport von in der besetzten Westsahara erzeugtem Strom in sein Staatsgebiet zu unterstützen.
Das US-Unternehmen GE Vernova scheint andere lukrativen Projekte aufs Spiel zu setzen, wenn es in der besetzten Westsahara für die marokkanische Behörden tätig ist.