Im Jahr 2030 könnte die Hälfte der marokkanischen Windenergieproduktion illegal in der besetzten Westsahara erzeugt werden. Dennoch präsentiert sich Marokko als Klassenbester bei der Energiewende.
Im November 2021 werden die Regierungen der Welt in Glasgow zu den COP26-Klimagesprächen zusammenkommen. Zur gleichen Zeit errichtet Marokko - die Besatzungsmacht der Westsahara - sein bisher größtes Energieprojekt auf besetztem Territorium: ein weiterer Schritt in seinem umfassenden Plan, umstrittene Infrastruktur auf dem Land zu errichten, das es illegal besetzt hält.
Western Sahara Resource Watch (WSRW) veröffentlicht heute einen Bericht, der alle bestehenden und geplanten Projekte für erneuerbare Energien in der besetzten Westsahara offenlegt.
Der Bericht kann hier heruntergeladen werden. (6 MB)
Nach im Bericht veröffentlichten Schätzungen von WSRW könnte die in der Westsahara erzeugte Windenergie bis zum Jahr 2030 bis zu 47,20 % der gesamten marokkanischen Windkapazität ausmachen, während der Anteil der erzeugten Solarenergie bis dahin 32,64 % der gesamten marokkanischen Solarkapazität erreichen könnte.
Erst am 30. September 2021 kündigte ein neues Unternehmen, General Electric, an, sich an den kontroversen Aktivitäten beteiligen zu wollen.
Die auf besetztem Land erzeugte Energie erhöht die Abhängigkeit Marokkos von dem von ihm besetzten Territorium. Damit untergraben die Projekte die Friedensbemühungen der UNO in der Westsahara, die darauf abzielen, das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes zu verwirklichen. Die Energie wird von Industrien genutzt, die die nicht erneuerbaren Ressourcen des Gebiets ausbeuten, und bietet Arbeitsplätze, die weitere Siedler:innen aus Marokko anziehen. In Zukunft könnte der erzeugt Strom auch ins Ausland exportiert werden, unter anderem in die EU.
Marokko rühmt sich international als Klassenbester bei den erneuerbaren Energien im Rahmen seiner Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen. Beteiligte Staaten sollen jedoch nur die Anstrengungen präsentieren, die auf ihrem eigenen Staatsgebiet unternommen werden und nicht außerhalb dessen Grenzen. Das UN-Gremium, das die Leistungen der Vertragsstaaten registriert und überprüft, das UNFCCC, behauptet, es sei nicht in der Lage, den Beiträge der Staaten inhaltlich zu bewerten. Der Skandal der Selbstgefälligkeit des UNFCCC wird durch die Tatsache verschlimmert, dass Marokkos Energieprojekte nur unter der militärischen Besatzung durchgeführt werden können, die von den zentralen UN-Gremien für illegal erklärt wurde.
Keines der Unternehmen, die in der Westsahara im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind, einschließlich der am stärksten involvierten Unternehmen - das italienische Unternehmen Enel und das spanische Unternehmen Siemens Gamesa - hat klargestellt, ob sie überhaupt versucht haben, die Zustimmung des Volkes des Territoriums einzuholen.
Stattdessen verweisen die Unternehmen auf eine angebliche "Konsultation" der lokalen "Interessengruppen" oder der "Bevölkerung". Dies ist genau derselbe fehlerhafte Ansatz, den die Europäische Kommission bei ihren Handels- und Fischereiabkommen mit Marokko verfolgt. Der Europäische Gerichtshof entschied am 29. September 2021 jedoch, dass das Vorgehen der EU in der Westsahara rechtswidrig ist. Der Gerichtshof stellte ausdrücklich fest, dass die Befreiungsbewegung Polisario als Vertreterin des sahrauischen Volkes auftreten kann, dass die Zustimmung des Volkes der Westsahara eingeholt werden muss und dass eine "Konsultation" der "Bevölkerung" nicht das rechtliche Erfordernis dieser Zustimmung ersetzen kann.
WSRW fordert den sofortigen Rückzug aller Energieunternehmen aus den besetzten Gebieten und bittet die UNFCCC und ihre Vertragsstaaten, die systematisch falsche Klimaberichterstattung Marokkos in Frage zu stellen.
Download der Druckversion des Reports (Englisch; 28 MB).
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Vorsicht bei den Informationen, die Sie an der Klimakonferenz in Marrakesch (COP22) über Marokkos Leistungen im Bereich erneuerbare Energie erhalten. Ein immer größerer Teil der Projekte liegt im besetzten Gebiet der Westsahara. Die in diesen Projekten gewonnene Energie wird zur Ausbeutung von Mineralien benutzt. Dies belegt ein neuer WSRW-Bericht.
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