Die deutsche Versicherungsgesellschaft Allianz geht aufs Ganze, wenn sie die brutale marokkanische Besatzung der Westsahara politisch verteidigt.
Einige Unternehmen geben vor, politisch neutral zu sein, wenn sie in der besetzten Westsahara zusammen mit marokkanischen Partner:innen Büros einrichten oder Infrastruktur bauen. Der deutsche Versicherungsriese Allianz konnte sich offenbar nicht einmal zu solchen Lippenbekenntnissen durchringen.
Seit seinem Start in Marokko vor sechs Jahren hat Allianz nicht versucht, seine Präsenz in dem Gebiet zu beschönigen. Vielmehr schließt sich das Unternehmen der marokkanischen Position in dem Konflikt an. In einer Reihe von Beiträgen verteidigt es nachdrücklich die marokkanische Besatzung.
Die Position von Allianz steht im Widerspruch zur jener der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, sechs Urteilen des Europäischen Gerichtshofs, dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs von 1975 und des Afrikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Rechte der Völker.
Auf LinkedIn und Instagram erklärte die Allianz Marokko am 14. August 2023: "An diesem emotionalen Tag feiern wir den Jahrestag der Zurückgewinnung von Oued Eddahab. Vor Jahren hat unser Land seine Souveränität über dieses Land wiedererlangt. Ein historisches Ereignis, das immer noch als ein Bekenntnis zu unserer nationalen Identität nachhallt." [Download LinkedIn-Post, Instagram-Post].
Die Invasion des Gebiets, das Marokko als Oued Eddahab bezeichnet, fand 1979 statt, als Marokko illegal in einen Teil der Westsahara eindrang, den Mauretanien bis dahin (ebenfalls illegal) kontrolliert hatte. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen bedauert in ihrer Resolution 34/37 "zutiefst die Verschärfung der Situation, die durch die anhaltende Besatzung der Westsahara durch Marokko und die Ausweitung dieser Besatzung auf das kürzlich von Mauretanien geräumte Gebiet entstanden ist".
Was Allianz Maroc hier lobt, ist eine der schlimmsten Verletzungen der UN-Charta seit dem Zweiten Weltkrieg und hat dem sahrauischen Volk unermessliches Leid gebracht, das bis heute anhält. Aber das ist noch nicht alles.
Auf Facebook begrüßte das deutsche Unternehmen am 6. November 2019 auch den ersten Einmarsch Marokkos in die nördlichen Teile des Gebiets. "Die Allianz Marokko wünscht dem gesamten marokkanischen Volk einen fröhlichen grünen Marsch.", schrieb das deutsche Unternehmen [Download hier].
Der "Grüne Marsch" ist die marokkanische Anspielung auf die Invasion der Westsahara, die dazu führte, dass die Hälfte der Bevölkerung der Westsahara im Ausland Zuflucht suchte und viele nach Attacken der marokkanischen Armee in Massengräbern begraben liegen.
Am 14. August 2018 erklärte das Unternehmen auf Facebook: "Marokko feiert den 39. Jahrestag der Wiederherstellung von OuedEd-Dahab, einer wichtigen Etappe in der Geschichte Marokkos." [Download hier].
Zum Vergleich: Allianz bezeichnet den russischen Einmarsch in der Ukraine als "Invasion".
Western Sahara Resource Watch (WSRW) schrieb am 9. September 2023 an Allianz und fragte das Unternehmen, warum es sich entschieden hat, auf besetztem Territorium tätig zu werden, und ob es alle Beiträge, Karten und Positionen entfernen wird, die im Widerspruch zu den Positionen der UN und internationaler Gerichte stehen.
Allianz hatte 2017 durch die Übernahme des Unternehmens Zurich Assurances Maroc seine Geschäftstätigkeiten in Marokko aufgenommen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir über alle notwendigen Mittel verfügen, um eine stärkere Position auf dem marokkanischen Versicherungsmarkt einzunehmen, und wir werden weiterhin schnell und nachhaltig wachsen", sagte Dirk De Nil, CEO von Allianz Maroc.
Zum Zeitpunkt des Starts war Zurich Assurances bereits seit über einem Jahr in Dakhla in der besetzten Westsahara präsent [Download hier].
Das Büro in Dakhla, eine Niederlassung der Allianz Maroc mit Sitz in Casablanca, ist weiterhin in Betrieb. Auf den Informationskanälen des Unternehmens werden zwei verschiedene Adressen genannt - eine auf der Website des Unternehmens, die sich an diesem Ort befindet, und eine andere auf der lokalen Facebook-Seite des Unternehmens, die angibt, dass das Büro [Download hier] zwei Blocks entfernt ist.
Die deutsche Versicherungsgesellschaft befindet sich auf dem afrikanischen Markt in einem Konkurrenzkampf mit der französischen Versicherungsgesellschaft AXA. Der französische Konkurrent ist auch in der besetzten Westsahara präsent und hat auf ein Schreiben von WSRW vom Januar 2022 noch nicht geantwortet. Ab September 2023 ist der CEO der Allianz Maroc Abderrahim Dbich, der ehemalige stellvertretende CEO von AXA Maroc.
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