EBWE bewilligt weitere fragwürdige Millionen
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Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) stellt einer weiteren marokkanischen Bank ein 25 Millionen Euro-Darlehen zur Verfügung - für Projekte, die in der besetzten Westsahara angesiedelt sein könnten.

13. Juni 2022

Am 4. Mai 2022 genehmigte die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) ein weiteres großes ungesichertes Darlehen an eine marokkanische Bank, die Banque Centrale Populaire (BCP). 

Die Frage, die sich dabei stellt, ist daher ob die EBWE damit auch Projekte auf besetztem Territorium fördert. 

Der Großteil des Darlehens in Höhe von 25 Millionen Euro wird von der EBWE und dem Grünen Klimafonds (GCF) bereitgestellt und im Rahmen der GCF-Green Economy Financing Facility (GEFF) durchgeführt. Dieses spezielle Programm lenkt die Klima-Finanzströme in ausgewählte Länder, darunter auch Marokko, durch die Vergabe von Darlehen an nationale Partnerfinanzinstitute, die ihrerseits die Mittel an private Endkreditnehmer:innen für Investitionen in Klimaschutz- und Anpassungsprojekte weitergeben. Die GEFF Marokko wird von der EU und dem Grünen Klimafonds unterstützt und bietet eine Kreditlinie von bis zu 163,5 Mio. EUR.

Das entsprechende Darlehen an BCP dient demselben Ziel des GEFF. Wie in der Projektbeschreibung erläutert, ist das Ziel den „Übergang zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft in Marokko durch die Weiterleitung von Krediten an private Darlehensnehmer:innen zur Durchführung umweltfreundlicher Investitionen in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Klimaresilienz, zu unterstützen.“ 

Marokko investiert in großem Umfang in Projekte für erneuerbare Energien in der besetzten Westsahara. Bis 2030 werden mehr als 50 % der marokkanischen Windenergieproduktion in dem Teil des Hoheitsgebiets liegen, den Marokko seit 1975 militärisch und illegal besetzt hält. Im selben Jahr könnte der Anteil der in dem Gebiet erzeugten Solarenergie zwischen 9,70 % und 32,64 % der gesamten marokkanischen Solarkapazität liegen, wobei der Anteil am oberen Ende dieser Spanne liegen dürfte. Eine ausführliche Darstellung der marokkanischen Projekte in der Westsahara finden Sie im WSRW-Bericht Greenwashing Occupation, der im Oktober 2021 veröffentlicht wurde. 

Die Lage der Projekte in der besetzten Westsahara erschwert jedoch die Finanzierung durch internationale Finanzinstitutionen - und marokkanische Banken füllen zunehmend diese Lücke. Der 200-MW-Windpark Aftissat in der Nähe der Hauptstadt der Westsahara, El Aaiún, wurde zum Teil durch Kredite marokkanischer Banken, darunter BCP, finanziert.

Die BCP ist die zweitgrößte Bank Marokkos und in der besetzten Westsahara mit 25 Niederlassungen stark vertreten.

Es ist nicht das erste Mal, dass die EBWE dieses besondere Finanzierungsinstrument für eine marokkanische Bank einsetzt. Es handelt sich um das dritte seiner Art, das die EBWE der BCP im Rahmen des GCF - GEFF Regional Framework in Marokko gewährt. Die EBWE hat zuvor ähnliche Darlehen an andere marokkanische Banken vergeben, darunter Crédit du Maroc, Société Générale Maroc und BMCI. Alle Banken haben Niederlassungen in der besetzten Westsahara. 

Trotz wiederholter Anfragen zu diesem Thema schweigt sich die EBWE bisher darüber aus, ob die Kriterien des Darlehens sicherstellen, dass die an die marokkanischen Banken vergebenen Mittel nicht zur Finanzierung von Projekten in der besetzten Westsahara verwendet werden. 

Gleichzeitig schreckt die EBWE nicht davor zurück, Marokko eine Plattform zu bieten, um seine Propaganda für Investitionen in den "südlichen Provinzen", wie Marokko den besetzten Teil der Westsahara nennt, zu verbreiten. Vom 10. bis 12. Mai 2022 hielt die EBWE ihre Jahrestagung in Marrakesch ab, unter der Schirmherrschaft des marokkanischen Monarchen. Die Jahrestagung umfasste Sitzungen, die sich auf Investitionen in Marokko konzentrierten, und eine besondere Sitzung mit dem Titel "Marokko JETZT: Welche Aussichten für die Energiewende?", bei der mehrere marokkanische Minister und Regierungsbeamte das Wort ergriffen, um die Investitionen des Landes in erneuerbare Energien zu rühmen - ohne dabei zwischen den Gebieten des eigentlichen Marokko und der besetzten Westsahara zu unterscheiden. Dies zeigte sich in den Zahlen, die genannt wurden, und in den Karten, die den Zuhörer:innen gezeigt wurden, wie z. B. die nachstehende Karte, auf der die besetzte Westsahara als Teil Marokkos dargestellt ist. 

 

Die Karte wurde während des Vortrags von Mohcine Jazouli, Marokkos Delegierter Minister beim Regierungschef, Konvergenz und Bewertung der öffentlichen Politik, gezeigt.

In einer anderen Sitzung gab der marokkanische Wissenschaftler Rachid Yazami bekannt, dass "an der Grenze zwischen Marokko und Mauretanien" Lithium entdeckt worden sei. Sollte sich diese Entdeckung bestätigen, könnte sie Marokkos Umstellung auf erneuerbare Energien noch weiter vorantreiben, und das zu einer Zeit, in der die Elektrofahrzeugindustrie weltweit eine hohe Nachfrage nach Lithium verzeichnet. Die Erwähnung wurde in den marokkanischen Medien als Ankündigung "großer Funde" bei der EBWE-Sitzung weitergesponnen. Nach dem, was WSRW aus den veröffentlichten Informationen über die Sitzung ersehen kann, ist dies nicht korrekt. 

Am Ende der Jahreshauptversammlung beschloss die EBWE, eine Solidaritätsbotschaft an die "Ukraine und andere vom Krieg betroffene Länder" zu richten.

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