Olvea gibt Aktivitäten in der besetzten Westsahara zu
633d85579a337_key_bay_fcamp_82

Der französische Fischölriese räumt seine Präsenz in dem besetzten Gebiet ein.

09. Juli 2025

Foto: Das letzte Tankschiff mit Fischöl direkt aus der Westsahara kam im Januar 2017 in der Fabrik von Olvea in Fécamp in der Normandie an. @JCB.

„In Bezug auf die Westsahara verfolgen wir weiterhin einen pragmatischen Ansatz: Wir handeln innerhalb des von den zuständigen Behörden festgelegten Rechtsrahmens. Im Falle einer Änderung der Regierungsführung oder dieses Rechtsrahmens wird sich Olvea an die neuen Vorschriften und Interessengruppen anpassen und sich weiterhin zur Einhaltung der geltenden Standards verpflichten“, schrieb das französische Unternehmen Olvea in einem Brief an WSRW am 24. Dezember 2024.

Diese Erklärung ist ein klares und endgültiges Eingeständnis, dass Olvea in der besetzten Westsahara tätig ist.

Die Antwort von Olvea folgt auf die Entdeckung von Western Sahara Resource Watch (WSRW) von eindeutigen Beweisen, die das Unternehmen Atlantic Tank in El Aaiún mit Olvea in Verbindung bringen: Atlantic Tank ist in der Datenbank der niederländischen Zertifizierungsinitiative GMP+ mit einer E-Mail-Adresse @olvea.com registriert. Die Verbindung zwischen Atlantic Tank und Olvea findet sich auch auf einer Website für Fischereimarketing. Atlantic Tank wird außerdem im LinkedIn-Profil eines Mitarbeitenden als „Tochtergesellschaft” von Olvea bezeichnet.

Olvea erwähnt seine Präsenz in der Westsahara in keiner seiner öffentlichen Berichte und hat es stets vermieden, auf Briefe zu antworten. Auf seiner Website und in seinem Sozialbericht 2024 (Download hier) wird auf seine Präsenz in Marokko, Mauretanien, Burkina Faso und Kenia verwiesen, aber es wird kein Hinweis auf Beziehungen zum Gebiet der Westsahara gemacht.

WSRW verfolgt seit langem die Ausfuhr von Fischöl aus der Westsahara, die nach wie vor unter illegaler Besatzung durch Marokko steht.

Nach dem viel beachteten Vorfall in Key Bay im Januar 2017, nur zwei Wochen nach dem Urteil des höchsten EU-Gerichtshofs, welches Importe aus der Westsahara im Rahmen des Handelsabkommens zwischen der EU und Marokko untersagte, sind jedoch keine solchen Schiffe mehr aus der besetzten Westsahara zum Hafen von Olvea in Frankreich ausgelaufen. Was ein sehr auffälliger, jahrzehntelanger Trend war, kam plötzlich über Nacht zum Stillstand. Stattdessen transportieren solche Tankschiffe nun Fischöl aus Tan Tan oder Agadir im benachbarten Marokko und aus Nouadhibou im Norden Mauretaniens zum Hafen von Olvea in der Normandie.

Die Tochtergesellschaft von Olvea, Atlantic Tank, hat ihren Sitz in der Westsahara. Laut dem MarinTrust-Zertifikat (Download hier) befindet sie sich jedoch in Marokko. Weder MarinTrust noch die Zertifizierungsstelle GlobalTrust antworten auf E-Mails, wie sie falsche Angaben zum Herkunftsland auf dem Zertifikat ermöglichen können. Diese Praxis ist für Verbraucher:innen in Europa zutiefst irreführend.

Olvea ließ bis jetzt immer offen, ob die Lieferungen, die das Unternehmen seit dem Gerichtsurteil von 2016 aus den drei Häfen nach Frankreich erhält, Fischöl aus dem Gebiet der Westsahara enthalten. WSRW geht davon aus, dass das Atlantic Tank Terminal in El Aaiún die Anlage von Olvea in Frankreich beliefert.

Es scheint nun klar zu sein, dass Olvea den Transport von Fischöl aus der Westsahara an Bord von Chemietankern, die in der Stadt El Aaiúin beladen werden, eingestellt hat. Stattdessen verwendet das Unternehmen höchstwahrscheinlich sogenannte Flexitanks, mit denen die Flüssigkeit in flexiblen Beuteln in Standard-Seecontainern transportiert werden kann. Die Tochtergesellschaft von Olvea, Atlantic Tank, hat offenbar mehrfach, zuletzt noch im Juni 2025, eine solche Transportmethode für Fischöl in die Vereinigten Staaten verwendet.

WSRW und seine französische Partnerorganisation APSO schrieben am 11. Dezember 2024 an Olvea. Der Brief enthielt Fragen zum Verständnis der Rechtskonformität, zum Verständnis des Völkerrechts, zur Einhaltung von Standards, die das Unternehmen angeblich befolgt, zur Einhaltung des EU-Gerichtsurteils zur Kennzeichnung von Produkten aus der Westsahara und zu seinen Handelspraktiken.

Keine dieser Fragen wurde beantwortet. Stattdessen erklärte Olvea, dass „Transparenz ein grundlegender Pfeiler unserer Aktivitäten ist”.

Obwohl das Unternehmen keine der Fragen beantwortet hat, ist es das erste Mal, dass das Unternehmen überhaupt auf ein Schreiben reagiert, nachdem es am 15. Juli 2014 per Post, am 5. August 2014 per Einschreiben, am 18. November 2014 per E-Mail, am 9. April 2015 per E-Mail, am 2. Oktober 2018 per E-Mail, am 5. Oktober 2018 per Einschreiben und am 21. September 2020 per E-Mail von WSRW kontaktiert worden war.

Olvea und seine Tochtergesellschaften sind nicht nur nach GMP+ zertifiziert, sondern auch – eher umstrittener Weise– von Friend of the Sea und MarinTrust in Bezug auf Themen wie Nachhaltigkeit.

Die meisten Zertifizierungsinitiativen beantworten keine Fragen dazu, warum sie Unternehmen zertifizieren können, die Fisch aus der illegalen Fischerei Marokkos in der Westsahara beziehen.

WSRW hat diese Zertifizierungsinitiativen angeschrieben, um zu erfahren, wie Unternehmen ihrer Meinung nach die Standards einhalten können, während sie in besetzten Gebieten tätig sind. MarinTrust hat bisher nicht geantwortet, während Friend of the Sea angekündigt hat, dies zu tun.

Alle nach diesen Standards ausgestellten Zertifikate enthalten falsche Angaben zum Herkunftsland.

Damit ignorieren die Zertifizierungsinitiativen und ihre Zertifizierungsstellen eine Reihe von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs, zuletzt vom 4. Oktober 2024, und erleichtern Praktiken, die den Gerichtsurteilen zuwiderlaufen.

Olvea, das zuvor unter dem Namen Winterisation firmierte, ist seit mehreren Jahren stark in diesem Handel tätig. Die Exporte aus der Westsahara in die Fabrik von Olvea in der Normandie nahmen deutlich zu, nachdem Norwegen 2010 alle Fischölimporte aus diesem Gebiet eingestellt hatte. Der norwegische Importstopp folgte auf Medienberichte, wonach das importierende Unternehmen Fischöl aus der Westsahara fälschlicherweise als marokkanisch deklariert hatte – und damit erhebliche Zollabgaben an die norwegischen Behörden umging.



Da Sie schon einmal hier sind...

Die Recherchen von WSRW werden mehr denn je gelesen und genutzt. Unsere Arbeit ist zum überwiegenden Teil ehrenamtlich, sie erfordert Zeit, Hingabe und Sorgfalt. Aber wir tun sie, weil wir glauben, dass sie wichtig ist - und wir hoffen, dass Sie das auch tun. Mit einer kleinen monatlichen Unterstützung können Sie einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Zukunft von WSRW zu sichern und dafür sorgen, dass wir weiterhin unseren komplett unabhängigen Recherchen nachgehen können. 

Eine regelmäßige Spende können Sie hier einrichten. Vielen Dank!  

Nachrichten

Bureau Veritas unterstützt marokkanischen Premierminister in der besetzten Westsahara

Das Unternehmen kündigt an, seine Dienste für ein Projekt zur Verfügung zu stellen, das tiefe Bedenken hinsichtlich des Völkerrechts und der Menschenrechte aufwirft.

27. Juni 2025

Bureau Veritas behauptet, die Westsahara sei Marokko

Das französische Unternehmen, das sich selbst als Experte für Vorschriften bezeichnet, scheint nicht zu wissen, in welchem Land es Unternehmen unterstützt.

07. Mai 2025

Engie beginnt mit der Stromerzeugung auf besetztem Land

WSRW verurteilt Engies eklatante Missachtung des Völkerrechts in der besetzten Westsahara aufs Schärfste.

26. März 2025

Engie weicht Fragen zur Westsahara aus

Das französische multinationale Unternehmen weigert sich klarzustellen, inwiefern sein Monster-Deal mit Marokkos staatlichem Phosphatunternehmen die besetzte Westsahara betrifft.

17. März 2025