Quality Austria reiste in besetztes Gebiet
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Vertreter:innen der Zertifizierungsstelle Quality Austria inspizierten marokkanische Fischexportunternehmen in der besetzten Westsahara. Wusste das Unternehmen, welches Land sie besucht hatten?

12. Juli 2025

Das österreichische Unternehmen Quality Austria reiste in das besetzte Gebiet der Westsahara, um Inspektionen für Unternehmen durchzuführen, die umstrittene Exporte von Fischereiprodukten betreiben. Anschließend stellte es Zertifikate mit falschen Adressangaben aus.

Jedes Jahr veröffentlicht der marokkanische Tintenfischexporteur SOCOPO stolz auf seiner Facebook-Seite Bilder von Vertreter:innen von Quality Austria, die seine Fabrik in den besetzten Gebieten besuchen. In den Jahren 2022, 2023 und 2024 veröffentlichte SOCOPO Dokumentationen von Delegationen aus Österreich, die sich mit der SOCOPO-Geschäftsführung trafen und die Räumlichkeiten inspizierten.

Nach dem Besuch von Quality Austria erhielt SOCOPO die Zertifizierungen FSSC 22000 V6 und ISO 45001.

Die Österreichisch-Saharauische Gesellschaft und WSRW schrieben am 29. November 2024 an Quality Austria.

„Die Einhaltung der Gesetze ist ein grundlegender Bestandteil der ISO 22000 und stellt sicher, dass das Managementsystem der Organisation nicht nur die Anforderungen der Norm erfüllt, sondern auch mit den Gesetzen des Landes, in dem sie tätig ist, im Einklang steht. Auf dieser Grundlage können wir nicht nachvollziehen, wie Quality Austria zu dem Schluss gekommen ist, dass Unternehmen in den besetzten Gebieten einer Konformitätsprüfung unterzogen werden sollten und dass der geografische Standort danach in „Marokko” angegeben wurde”, schrieben die Organisationen.

Die beiden Organisationen stellten eine Reihe von Fragen, erhielten jedoch trotz einer Erinnerung im Juni 2025 bis heute keine Antwort.

Paradoxerweise bietet das österreichische Unternehmen, das sich weigert, Fragen zu seiner Zertifizierung marokkanischer Firmen zu beantworten, die unter Verletzung der Grundrechte des sahrauischen Volkes am Export von Fischereierzeugnissen aus der besetzten Westsahara beteiligt sind, gleichzeitig Schulungen zum Thema soziale Verantwortung an – und bezeichnet sich dabei selbst als „Pionier auf diesem Gebiet“.

Auch ein anderes Unternehmen in der besetzten Westsahara, Mogafish, verkündet stolz auf seiner Website (Download hier), über ein Zertifikat von Quality Austria zu verfügen. Dieses Zertifikat, das das Logo und die Unterschrift des österreichischen Unternehmens trägt, ordnet den Standort dem falschen Land zu und bezeichnet die Stadt El Aaiún als in „Marokko“ gelegen.

Der Europäische Gerichtshof hat in einer Reihe von zehn Urteilen festgestellt, dass Marokko und die Westsahara „gesonderte und unterschiedliche“ Gebiete sind und dass die Fischereiabkommen zwischen der EU und Marokko nicht auf die Westsahara angewendet werden können. Er urteilte außerdem, dass die Gewässer der Westsahara nicht zu Marokko gehören und dass in Europa verkaufte Produkte aus der Westsahara nicht als marokkanisch gekennzeichnet werden dürfen.

Die Lizenz und die Praktiken von Quality Austria ignorieren all diese Urteile.

WSRW hat am 8. Dezember 2024 an SOCOPO und Mogafish bezüglich ihrer Produktion in der besetzten Westsahara geschrieben, ohne eine Antwort zu erhalten.

SOCOPO ist auch im öffentlichen Register der Lebensmittelsicherheitsinitiative FSSC als Unternehmen aufgeführt, das den FSSC22000-Standard einhält (Download hier). Das Zertifikat umfasst „die Verarbeitung (Waschen, Sortieren, Kalibrieren), das Einfrieren, das Verpacken in Kartons und die Lagerung in Kühlräumen (-18 °C) von Kopffüßern”.

 

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