Die französische Regierung will ein Kabel finanzieren, das Energie aus den illegalen Projekten Marokkos in der besetzten Westsahara nach Marokko transportieren soll.
"Ich bestätige Ihnen, dass wir bereit sind, uns an der Finanzierung dieses Projekts zu beteiligen", sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire bei einem marokkanisch-französischen Wirtschaftsforum in Rabat. Seine Aussage, über die Reuters berichtete, bezieht sich auf Marokkos Pläne, ein 3-Gigawatt-Stromkabel zu bauen, das Dakhla in der besetzten Westsahara mit Casablanca in Marokko verbindet.
Western Sahara Resource Watch (WSRW) berichtete im November letzten Jahres, dass Marokkos Nationales Behörde für Elektrizität (ONEE) Pläne zum Bau einer 1.400 km langen "Stromautobahn" angekündigt hatte, die den in der besetzten Westsahara erzeugten Strom ins Zentrum Marokkos transportieren soll.
Konkret plant das ONEE den Bau von Stromleitungen, die bis zu 3 GW Strom aus erneuerbaren Energiequellen zwischen Dakhla und El Aaiún - beide in der besetzten Westsahara - bis nach Casablanca in Marokko transportieren können. Die Hälfte dieser Kapazität, d. h. 1 500 MW, soll 2026 fertig gestellt sein, während die zweite Hälfte 2028 in Betrieb genommen werden soll.
Derzeit läuft ein Ausschreibungsverfahren zur Suche eines Betreibers für das Projekt. Es wird erwartet, dass der ausgewählte Kandidat für den 30-Jahres-Vertrag noch vor dem Sommer bekannt gegeben wird.
"Dass der in der besetzten Westsahara erzeugte Strom Marokko selbst versorgen soll, ist eine höchst bedenkliche Entwicklung", sagt Sara Eyckmans von Western Sahara Resource Watch (WSRW).
"Die so geschaffene Abhängigkeit Marokkos von der illegalen Besatzung der Westsahara für die eigene Energieversorgung wird sich negativ auf den UN-Friedensprozess auswirken, in dem Marokko schon jetzt wenig bis gar kein Interesse an einer völkerrechtskonformen Lösung des Konflikts zeigt.
"Das Angebot der französischen Regierung, die Besatzung der Westsahara durch Marokko zu unterstützen, ist erstaunlich. Dies gilt umso mehr, als das höchste Gericht der Europäischen Union derzeit die Rechtmäßigkeit der Anwendung der Abkommen zwischen der EU und Marokko auf die Westsahara prüft. Es ist schockierend, dass die französische Regierung nicht das Urteil des Gerichtshofs abwartet, bevor sie eine solch provokative Erklärung abgibt", so Eyckmans.
WSRW hat keine ähnlichen Interessen der französischen Regierung an der Finanzierung russischer Energieinfrastruktur in der Ostukraine oder israelischer Interessen in Palästina feststellen können.
Die Beziehungen zwischen Frankreich und Marokko, die einst eng miteinander verbündet waren, haben sich in den letzten Jahren verschlechtert. Nach einem diplomatischen Streit beschloss Frankreich, die Zahl der Visa für marokkanische Bürger:innen im Jahr 2021 zu reduzieren. Ermittlungen in den Jahren 2020 und 2021 im Zusammenhang mit der vermeintlichen Bespitzelung französischer Beamt:innen durch Marokko im Rahmen der Pegasus-Spionageaffäre vertieften die Kluft noch.
Die Beziehungen zwischen Paris und Rabat scheinen sich jedoch wieder zu festigen. Im Februar 2024 bekräftigte der französische Außenminister Stéphane Séjourné Unterstützung für den Autonomieplan Rabats für die Westsahara.
Marokko hatte die Westsahara 1975 besetzt, was von der UN-Vollversammlung verurteilt wurde. Die Hälfte der sahrauischen Bevölkerung lebt seitdem als Geflüchtete, während das Gebiet selbst in Bezug auf die politischen Freiheiten zu den Schlusslichtern der Welt gehört.
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Siemens Energy ist unter den multinationalen Konzernen, die Berichten zufolge Interesse bekundet haben, Marokko beim Transport von in der besetzten Westsahara erzeugtem Strom in sein Staatsgebiet zu unterstützen.
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