Marokko und Nigeria unterzeichneten ein Abkommen über die geplante Offshore-Gaspipeline zwischen den beiden Ländern, die in der besetzten Westsahara über Land führen soll.
Die Abbildung oben ist eine WSRW-Reproduktion einer Karte, die in marokkanischen Medien erschienen ist und von ONHYM stammt.
Das Unternehmen Nigerian National Petroleum Co. (NNPC) gab am 15. September 2022 bekannt, dass es in der marokkanischen Hauptstadt Rabat eine Absichtserklärung mit dem staatlichen marokkanischen Bergbauunternehmen Office National des Hydrocarbures et des Mines (ONHYM) und der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) unterzeichnet hat. Das Memorandum verpflichtet die Unterzeichnenden anscheinend dazu, die Durchführbarkeit des Nigeria-Marokko-Gaspipeline-Projekts (NMGP) zu gewährleisten. Nun zum Vorschein kommende Details legen nahe, dass die gigantische Pipeline nicht in Marokko, sondern in der besetzten Westsahara enden wird.
Die Pipeline würde nach den derzeitigen Plänen rund 5 300 km von Brass Island in Nigeria bis zum Einspeisepunkt in "Marokko" bei der Stadt Dakhla verlaufen. Dakhla liegt jedoch nicht in Marokko, sondern in dem Teil der Westsahara, den Marokko seit 1975 völkerrechtswidrig besetzt hält.
Marokkanische und internationale Medien berichten, dass die Offshore-Pipeline von Dakhla aus rund 1.700 km nach Norden verlaufen und an das Gazoduc Maghreb Europe (GME) in Nordmarokko angeschlossen werden soll, über das bis vor kurzem algerisches Gas nach Spanien transportiert wurde. Seit November 2021 exportiert Algerien jedoch kein Gas mehr über die GME nach und durch Marokko. Die Entscheidung, den Liefervertrag mit Marokko nicht zu verlängern, ist Ausdruck der eskalierenden Spannungen zwischen den beiden Nachbarländern - unter anderem wegen der Westsahara.
Im Juni dieses Jahres erklärte eine Vertreterin von ONHYM, Imane Mansouri, dass "der marokkanische Teil der nigerianisch-marokkanischen Gaspipeline den Namen Dorsale Atlantique trägt und, wie der Name schon sagt, das Rückgrat der in Marokko zu entwickelnden Diesel-Infrastruktur sein wird". Sie erklärte weiter, dass die Dorsale Atlantique die GME-Gaspipeline mit „der Region Dakhla verbinden wird, dem Abzweig- und Ankunftspunkt der Gaspipeline Nigeria-Marokko".
Die GME verläuft von Hassi R'mel im Nordwesten Algeriens durch die nordmarokkanische Region Tanger nach Spanien. Der Anschluss von Dakhla in der besetzten Westsahara an die GME im Norden Marokkos wird in sechs Phasen erfolgen, erklärte der ONHYM-Vertreterin.
Die Gesamtlänge der Nigeria-Marokko-Pipeline wird somit mehr als 7.000 km betragen, was sie zu einer der längsten jemals gebauten Pipelines der Welt macht. 5.300 km der Offshore-Pipeline entlang der westafrikanischen Küste würden mindestens 13 Mitgliedstaaten der ECOWAS mit Gas versorgen, die ebenfalls die Vereinbarung mit ONHYM und NNPC unterzeichnet hat. Darüber hinaus haben die Unterzeichnenden des Abkommens den Wunsch geäußert, die Pipeline für den Gastransport in die Europäische Union zu nutzen.
Nach der Entscheidung Algeriens, die Gaslieferungen über die GME nach und durch Marokko ab November 2021 einzustellen, war das Bestreben Rabats ersichtlich, sich mehr Gas zu sichern. Das Land bemüht sich um die Unterzeichnung längerfristiger Flüssiggas (LNG)-Verträge und hat mit dem Import von LNG über die GME-Verbindung aus Spanien begonnen.
Durchführbarkeits- und Planungsstudien, von der in Saudi-Arabien ansässigen Islamischen Entwicklungsbank IsDB und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung finanziert, werden Berichten zufolge vom australischen Ingenieurbüro Worley Ltd. durchgeführt. WSRW schrieb Worley am 5. Mai und am 22. September 2022, der OPEC am 15. Dezember 2021 und am 22. September 2022. Weder Worley noch die OPEC haben auf diese Schreiben geantwortet.
Da Sie schon einmal hier sind...
Die Recherchen von WSRW werden mehr denn je gelesen und genutzt. Unsere Arbeit ist zum überwiegenden Teil ehrenamtlich, sie erfordert Zeit, Hingabe und Sorgfalt. Aber wir tun sie, weil wir glauben, dass sie wichtig ist - und wir hoffen, dass Sie das auch tun. Mit einer kleinen monatlichen Unterstützung können Sie einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Zukunft von WSRW zu sichern und dafür sorgen, dass wir weiterhin unseren komplett unabhängigen Recherchen nachgehen können.
Eine regelmäßige Spende können Sie hier einrichten. Vielen Dank!
Mit einem einzigen beteiligten Hafen ist Portugal erstmalig größter Gasexporteur in die besetzte Westsahara.
Die beiden spanischen Unternehmen, die praktisch das gesamte Erdöl in die besetzte Westsahara exportieren, halten sich weiterhin bedeckt.
Siemens Energy ist unter den multinationalen Konzernen, die Berichten zufolge Interesse bekundet haben, Marokko beim Transport von in der besetzten Westsahara erzeugtem Strom in sein Staatsgebiet zu unterstützen.
Das US-Unternehmen GE Vernova scheint andere lukrativen Projekte aufs Spiel zu setzen, wenn es in der besetzten Westsahara für die marokkanische Behörden tätig ist.