Das US-Unternehmen GE Vernova scheint andere lukrativen Projekte aufs Spiel zu setzen, wenn es in der besetzten Westsahara für die marokkanische Behörden tätig ist.
FOTO: Der erste Teil des Windparks Aftissat ist bereits fertiggestellt. Dieses Bild zeigt den „Aftissat 1“ Windpark, aufgenommen im Jahr 2021 (Foto von APSO). Aftissat II befindet sich in der Fertigstellung, und es gibt Gerüchte, dass die Arbeiten an Aftissat III begonnen haben.
GE Vernova steht unter starkem Druck, die besetzte Westsahara zu verlassen. Dies berichtete der Nachrichtendienst Africa Intelligence.
Die GE-Tochter GE Vernova gab am 31. Januar 2024 bekannt, dass sie sich mit der marokkanischen Behörde für Elektrizität und Wasser (ONEE) und dem Energieunternehmen des marokkanischen Königs, Nareva, zu einem Projekt für grünen Wasserstoff in den besetzten Gebieten zusammengeschlossen hat. Die drei Partner hatten sich verpflichtet, eine Studie zur Dekarbonisierung des 99-MW-Wärmekraftwerks „Laâyoune“ vorzunehmen, das mit drei GE Vernova 6B-Hochleistungsgasturbinen ausgestattet ist, die mit Schweröl betrieben werden. Im Rahmen des Plans soll eine der 6B-Gasturbinen von GE Vernova so umgerüstet werden, dass sie vollständig mit Wasserstoff betrieben werden kann.
GE Vernova teilte in seiner ersten Pressemitteilung mit, dass das Geschäft in der Nähe von „Laayoune“ in „Marokko“ verortet ist. El Aaiún, wie es eigentlich geschrieben wird, liegt jedoch gar nicht in Marokko, sondern in der Westsahara, die von Marokko besetzt ist.
Western Sahara Resource Watch (WSRW) schrieb am 5. Februar 2024 einen Brief an das Unternehmen, um sich zu erkundigen, wie sich das Unternehmen zum Selbstbestimmungsrecht des Volkes der Westsahara und zu den Grundsätzen des internationalen Rechts verhält, die für den speziellen Fall des Gebiets gelten. Wenige Stunden nach Absenden des Schreibens wurde die Pressemitteilung von GE Vernova von der Website des Unternehmens entfernt.
Nach Angaben von Africa Intelligence soll in jenen Tagen Anfang 2024 noch etwas anderes passiert sein: Die algerische Regierung begann, Druck auszuüben.
„Unmittelbar nachdem Anfang 2024 bekannt wurde, dass die Parteien eine Einigung erzielt hatten, warnten die algerischen Behörden den US-Giganten, dass das Projekt künftige Partnerschaften zwischen GE und Sonatrach, dem immer noch größten Industriekonzern Afrikas, gefährden könnte. GE unterhält enge Beziehungen zu dem algerischen Konzern und seiner Tochtergesellschaft Sonelgaz“, schrieb Africa Intelligence.
Parallel dazu weiß WSRW, dass mehrere Investor:innen von GE Vernova das Unternehmen auf die Angelegenheit angesprochen haben - das Problem ist natürlich, dass viele Finanzinstitutionen sensibel auf Fragen des internationalen Rechts reagieren. Der Europäische Gerichtshof hat im Oktober dieses Jahres drei weitere Urteile gefällt, die unterstreichen, dass die Westsahara nicht Teil Marokkos ist und dass EU-Abkommen mit Marokko diese daher nicht einschließen können.
Im Juli erhielt GE Vernova einen Großauftrag für Ausrüstungen an Algerien. WSRW ist nicht bekannt, was dies für den Auftrag von GE Vernova in dem besetzten Gebiet bedeutet. Nach Angaben von Africa Intelligence dementierte GE Vernova, dass es Pläne habe, sich aus dem Projekt in der Westsahara zurückzuziehen. Auf der Website des Unternehmens sind keine Informationen zu dieser Angelegenheit zu finden.
Im April wurde bekannt, dass GE Vernova in Xlinks investiert hat, ein problematisches Projekt, das Südmarokko über ein Übertragungskabel mit dem Vereinigten Königreich verbinden soll. WSRW bemüht sich seit mehreren Jahren erfolglos um Garantien von Xlinks , dass der Anschluss an das Netz, das Energie nach Großbritannien exportieren soll, nicht die Westsahara betrifft.
GE Vernova ist 2024 aus drei verschiedenen Geschäftsbereichen von General Electric hervorgegangen, darunter auch GE Renewable Energy.
In einer Pressemitteilung vom 30. September 2021 gab GE Renewable Energy bekannt, dass es einen Großauftrag für die Installation des 200-MW-Windparks „Aftissat 2“ in der Westsahara erhalten hat. Im Februar 2021 wurde das Unternehmen mit der Lieferung von zwei Umspannwerken für den 300-MW-Windpark Boujdour beauftragt, der laut Pressemitteilung des Unternehmens „im Süden Marokkos“ liegt. Die Umspannwerke werden den Strom aus dem Boujdour-Park und aus „Projekten für erneuerbare Energien in benachbarten Gemeinden ableiten und an das nationale Netz Marokkos anschließen“. Im Mai 2023 stand der Bau des Windparks Aftissat 2 kurz vor dem Abschluss. Im Jahr 2015 übernahm General Electric das Strom- und Netzgeschäft des französischen Unternehmens Alstom. Die Ausrüstung und der Betrieb von Alstom wurden bereits mehrfach in den besetzten Gebieten gesehen.
WSRW hat GE Renewable Energy am 05.10.2021, 10.11.2021 und 15.05.2023 angeschrieben und bisher nur diese Antwort vom 20.10.2021 erhalten. WSRW hat auch Alstom am 02.07.2013 und 08.12.2020 kontaktiert und nur am 17.07.2013 eine Antwort erhalten.
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