Eine Tochtergesellschaft des US-Unternehmens General Electric arbeitet mit der marokkanischen Regierung an einem Infrastrukturprojekt in der illegal besetzten Westsahara.
GE Vernova, eine Tochtergesellschaft der General Electric Corporation, gab am 30. Januar 2024 bekannt [Download hier], dass sie einen Vertrag über den Bau eines grünen Wasserstoffwerks in der besetzten Westsahara unterzeichnet hat. Das Unternehmen arbeitet mit ONEE, der staatlichen marokkanischen Agentur für Elektrizität und Wasser, und Nareva, einem Energieunternehmen, das zum Portfolio des marokkanischen Königs gehört, zusammen.
Das Projekt verdeutlicht das zunehmende Bestreben Marokkos, das Potential zur Produktion von grünem Wasserstoff des Teils der Westsahara zu erschließen, den es seit 1975 unter illegaler militärischer Besatzung hält. Eine von der marokkanischen Regierung in Auftrag gegebene Studie, die im Frühjahr 2023 veröffentlicht wurde, zeigte, dass Marokko grünen Wasserstoff am kostengünstigsten in dem besetzten Gebiet und nicht in Marokko selbst produzieren könnte.
Die Vereinten Nationen und internationale Gerichte sind sich dagegen einig, dass die Westsahara nicht zu Marokko gehört.
In der Pressemitteilung von GE Vernova heißt es, dass die drei Partner eine Bewertung zur Dekarbonisierung des 99-MW-Wärmekraftwerks "Laâyoune" vornehmen werden, das mit drei GE Vernova 6B-Hochleistungsgasturbinen ausgestattet ist und mit Schweröl betrieben wird. Der Plan sieht vor, eine der 6B-Gasturbinen von GE Vernova so umzubauen, dass sie vollständig mit Wasserstoff betrieben werden kann. Im Rahmen der Studie werden die Partner eine integrierte Lösung zur Versorgung der Gasturbine mit 100 % Wasserstoff für Spitzenbedarfszeiten testen. Der grüne Wasserstoff für die umgerüstete Gasturbine wird in „Narevas Laayoune Windpark“ produziert.
Die Studie wird voraussichtlich zwei Jahre in Anspruch nehmen. Das Pilotprojekt kann zur vollständigen Integration der Gasturbinen mit grünem Wasserstoff und zur vollständigen Dekarbonisierung des Kraftwerks führen.
Im Oktober 2023 hatte die marokkanische Regierung in ihrem Finanzgesetz bekannt gegeben, dass sie Flächen für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und des grünen Wasserstoffs ausgewiesen hat. Nicht weniger als 81 % dieser Flächen befinden sich in der besetzten Westsahara. In einem Anhang zum Finanzgesetz wurden die 14 Projekte aufgelistet, denen Land zugewiesen worden war. Das von GE Vernova angekündigte Projekt ist nicht in dieser Liste enthalten.
General Electric ist kein neuer Akteur in Marokkos Strategie, das erneuerbare Potenzial des illegal besetzten Landes politisch und finanziell auszuschöpfen. Im September 2021 wurde das Unternehmen von Energie Eolienne du Maroc (EEM) - einer Tochtergesellschaft von Nareva - mit der Installation der 200-MW-Erweiterung des Windparks Aftissat in der Nähe der Küstenstadt Boujdour beauftragt. Aftissat II, wie die Erweiterung getauft wurde, wird mit 40 GE-Turbinen mit einer Nennleistung von jeweils 5 MW betrieben.
Western Sahara Resource Watch (WSRW) hat General Electric seinerzeit angeschrieben - am 05.10.2021, 10.11.2021 und 15.05.2023 - und bisher nur diese Antwort vom 20.10.2021 erhalten.
Am 5. Februar 2024 wurde ein neues Schreiben an GE Vernova gesandt, in dem das Unternehmen um Auskunft darüber gebeten wurde, wie es sich zum Selbstbestimmungsrecht des Volkes der Westsahara und zu den Grundsätzen des Völkerrechts verhält, die für den besonderen Fall des Gebiets gelten. Seltsamerweise war die Pressemitteilung von GE Vernova einige Stunden nach dem Versand des Schreibens nicht mehr zugänglich. Die gelöschte Pressemitteilung können Sie hier herunterladen.
Am 14. Februar erhielten wir eine generisches Antwortschreiben von GE Vernova, das keine einzige unserer Fragen beantwortet.
Der CEO von ONEE, Abderrahim El Hafidi, erklärt in der neuen Pressemitteilung von GE, dass das Pilotprojekt im Rahmen der Bestrebungen Marokkos zu sehen sei, die Kapazitäten für erneuerbare Energien auszubauen und "seine Position unter den weltweit führenden Ländern im Bereich der nachhaltigen Energie" zu stärken.
Was El Hafidi nicht erwähnt, ist, dass Marokkos Ruf als Vorreiter bei der Umstellung auf erneuerbare Energien zum Teil auf den Projekten beruht, die es auf besetztem Land durchführt. Marokko bezieht diese Projekte in seine Berichte über Emissionsreduzierungen (NDC) an die UN-Klimabehörde UNFCCC ein und bläht damit sein Image als Klimavorreiter auf. WSRW hat das Sekretariat des UNFCCC wiederholt gefragt, wie es akzeptieren kann, dass Marokko Projekte einbezieht, die sich außerhalb seiner Landesgrenzen befinden. Das Sekretariat antwortete, es sei nicht in der Position, die Klimapläne eines Landes abzulehnen. Dabei ist anzumerken, dass die Annahme der NDCs, dessen Ziele von Maßnahmen in einem besetzten Gebiet außerhalb der Grenzen der betreffenden Vertragspartei abhängen, im Widerspruch zu mehreren im Pariser Abkommen verankerten Grundsätzen steht.
Die faktische Billigung der fortgesetzten Besatzung der Westsahara durch Marokko seitens des UNFCCC hat verheerende Folgen für die sahrauischen Geflüchteten, die aus genau diesem Gebiet ihrer Heimat fliehen mussten, die Marokko nun für Energieprojekte nutzt. Sie wurden in Teile der Sahara vertrieben, wo die Auswirkungen des Klimawandels noch gravierender sind als in den Küstengebieten, aus denen sie fliehen mussten. Das Versäumnis der UNO, eine Lösung für die Besatzung zu finden, bedeutet auch, dass die Sahrauis von den globalen Klimagesprächen und den Finanzierungsmechanismen ausgeschlossen bleiben, die sie dringend brauchen könnten, um sich für einige der schlimmsten Auswirkungen zu wappnen. Dieser gesamte Raum wird von Marokko eingenommen, das seine Position mit illegalen Strukturprojekten, an denen ausländische Unternehmen beteiligt sind, weiter festigt.
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