Der Zementabsatz von Heidelberg Materials in der besetzten Westsahara könnte in zwei Jahren um über 150 % gestiegen sein.
Foto oben: Bauarbeiter beim Legen des Zementfundaments für einen neuen Kontrollturm, der Teil des neuen Hafens in El Aaiún in der besetzten Westsahara sein wird, im Jahr 2021. Zweck des Hafens ist der Export des Phosphatgesteins aus dem besetzten Gebiet durch das marokkanische Staatsunternehmen OCP - ein Verstoß gegen internationales Recht.
Der deutsche Zementriese Heidelberg Materials AG hat seine Zementproduktion in der besetzten Westsahara massiv ausgebaut.
Dies geht aus den Antworten hervor, die das Unternehmen auf der Hauptversammlung am 11. Mai 2023 in Heidelberg gab.
Der Konzern gab auf der Versammlung an, dass die Produktion in den besetzten Gebieten im Jahr 2022 einen Rekordwert von 896.000 Tonnen erreicht hat. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 gab das Unternehmen auf der Hauptversammlung bekannt, dass die Menge im Jahr 2020 bei 525.000 Tonnen lag.
Das Unternehmen machte keine Angaben darüber, wo der Zement im Jahr 2022 verwendet wurde. Für 2020 hatte das Unternehmen angegeben, dass zwei Drittel des Zements in der Westsahara verwendet und der Rest nach Marokko exportiert wurde.
Auf der letztjährigen Jahreshauptversammlung im Jahr 2022 erklärte das Unternehmen, dass nichts exportiert, sondern alles in der Westsahara verwendet werde. Unter der Annahme, dass dies für das gesamte Jahr 2022 gilt, bedeutet dies, dass der Zementabsatz des Unternehmens für die lokale Verwendung in der Westsahara von 350.000 Tonnen im Jahr 2020 auf 896.000 Tonnen im Jahr 2022 gestiegen ist - ein Zuwachs von über 150 Prozent.
Es ist wahrscheinlich, dass Heidelberg Materials in hohem Maße vom Bau eines neuen Hafens durch die marokkanische Regierung profitiert hat, welcher 2021 begann. Die lokale Tochtergesellschaft von Heidelberg Ciments du Maroc gibt auf ihrer Website selbst an, dass sie den neuen Hafen mit Zement beliefert [Download hier]. Der Zweck des neuen Hafens - und einer damit verbundenen Düngemittelfabrik - besteht darin, dass das staatliche marokkanische Phosphatunternehmen OCP Phosphatgestein und Düngemittelprodukte aus dem von ihm illegal besetzten Gebiet herstellen und exportieren kann. Dieser Handel erfolgt unter Verletzung des Völkerrechts.
Die Erklärungen von Heidelberg Materials während der Hauptversammlung waren Antworten auf eine Reihe von Fragen des Dachverbands der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Die Fragen der Organisation und die Antworten des Unternehmens können hier heruntergeladen werden. Die Pressemitteilung der NGO finden Sie hier.
Nicht aufgeklärt wurde jedoch, welche Rolle das Unternehmen beim Bau einer so genannten "interconnexion électrique" spielt, die auf der Website des Unternehmens erwähnt wird. Der Vorstand versprach, dies werde "im Nachgang bilateral" geklärt.
Das Unternehmen erklärte auch ausdrücklich, dass es sich nicht auf den Status des Gebiets beziehen möchte: „Als privatwirtschaftliches Unternehmen bezieht HeidelbergMaterials jedoch grundsätzlich keine Stellung zum völkerrechtlichen Status einzelner Gebiete“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Dominik von Achten.
"Wir finden eine solche Position erstaunlich", kommentiert Tim Sauer von Western Sahara Resource Watch.
"Ein erster Schritt für jedes Unternehmen wäre es, sich eine Meinung darüber zu bilden, in welchem Land oder Gebiet es sich befindet. Und dann die Erlaubnis der rechtmäßigen Stelle einzuholen. Heidelberg Materials erklärt ausdrücklich, dass es dieser Logik niemals folgt. Angesichts dieser Aussage muss man sich fragen, ob sich das Unternehmen tatsächlich nicht die Mühe gemacht hat, die rechtlichen Rahmenbedingungen in den Ländern, in denen es tätig ist, zu berücksichtigen", so Sauer.
Das Gebiet ist von Marokko "gesondert und verschieden", so die mittlerweile 6 Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Das sahrauische Volk fordert, dass das Unternehmen das Recht des Volkes auf Selbstbestimmung respektiert. Heidelberg Materials hat sich entschieden, dieses Recht nicht zu respektieren.
Die Heidelberg Materials AG trug bisher den Namen HeidelbergCement AG. Auf der Hauptversammlung 2023 wurde die Änderung des Namens der Gruppe beschlossen.
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