Neuer Bericht: EU ignoriert eigenes Gericht zum Konflikthandel
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Vier Jahre sind vergangen, seit der EU-Gerichtshof entschieden hat, dass Produkte aus der besetzten Westsahara nicht Teil der Handelsabkommen der EU mit Marokko sein dürfen. Heute legt WSRW einen ausführlichen Bericht vor, der zeigt, welche Anstrengungen die EU unternimmt, um das Urteil politisch zu unterlaufen.

03. Dezember 2020

Der höchste Gerichtshof der Europäischen Union entschied im Dezember 2016, dass die Westsahara nicht Teil des Handelsabkommens der EU mit Marokko sein kann. Doch bis heute importiert die EU weiterhin Fischereierzeugnisse aus der Westsahara und unterstützt damit direkt die illegalen Ansprüche Marokkos auf das Gebiet. Die einzige Anpassung, die die EU nach dem bahnbrechenden Urteil vorgenommen hat, bestand darin, zuzugeben, dass sie das tut, was sie schon immer getan hat. 

Heute veröffentlicht Western Sahara Resource Watch (WSRW) einen ausführlichen Bericht, in dem das Ausmaß der illegalen Praktiken der EU dargelegt wird:

  • Sie akzeptiert fehlerhafte Ursprungserklärungen auf Zolldokumenten und Veterinärbescheinigungen, die von marokkanischen Behörden auf besetztem Land ausgestellt wurden;
  • Sie akzeptiert die Aufnahme von in der Westsahara ansässigen Unternehmen in die Liste der von der marokkanischen Regierung zugelassenen Betriebe;
  • Sie verzichtet auf Zölle auf solche Waren;
  • Sie behindert aktiv die Erhebung von Daten über den Handelsstrom aus dem Gebiet.


Den kompletten Bericht Above the Law - How the EU, blatantly, imports fish products from occupied Western Sahara, ignoring its own Court of Justice können Sie hier auf Englisch herunterladen.

Die stillschweigende Unterstützung der Ausbeutung und des unhaltbaren Anspruchs Marokkos auf die Westsahara durch die EU hat die Menschen in dem Gebiet zutiefst frustriert. Die militärische Reaktion Marokkos auf die jüngsten Proteste der Sahrauis gegen die Ausplünderung ihres Landes durch Marokko hat zu einem erneuten bewaffneten Konflikt geführt, der einen von den Vereinten Nationen vermittelten 29-jährigen Waffenstillstand zunichte machte. 

2016 legte der Gerichtshof der EU als Voraussetzung fest, dass das sahrauische Volk zustimmen muss, damit die EU mit dem Gebiet Handel treiben kann. Dies ist nie geschehen. Der WSRW-Bericht dokumentiert, dass die Kommission, anstatt zu versuchen, eine Zustimmung zur Fortsetzung des Handels zu erhalten, das Parlament und den Rat in die Irre führte, indem sie falsche Behauptungen über die Meinung des sahrauischen Volkes aufstellte. Kein einziger Verband, der sich für die Selbstbestimmung des sahrauischen Volkes einsetzt, war jemals in Kontakt mit der EU, um ein neues Handelsabkommen auszuhandeln.

Ein lukrativer Teil des Handels besteht in der Einfuhr von Fischmehl und Fischöl. An kaum einem anderen Ort in Europa ist dies so sichtbar wie an einem Terminal im Bremer Hafen: dem Zentrum für Fischmehlimporte nach Europa. Der Bericht verfolgt die Routen des Fischmehls aus den besetzten Gebieten nach Deutschland und zeigt, dass die Hälfte der marokkanischen Fischmehlausfuhren nach Deutschland im Jahr 2019 tatsächlich aus der Westsahara stammt. In ähnlicher Weise hat WSRW den Export von Fischöl aus der Westsahara in die Niederlande und nach Frankreich verfolgt. Die Fischereiprodukte stammen aus nicht nachhaltiger Fischerei in den Gewässern der Westsahara.

Die Kontroverse des Handels zwischen der EU und der Westsahara wird durch eine Verschiffung veranschaulicht, die in dieser Woche stattfinden wird.

Gestern, am 2. Dezember 2020, lief das Chemietankschiff Oramalia im Hafen von Tantan in Südmarokko ein. Bei der Ankunft in Tantan war das Schiff bereits halb voll, da es Fischöl enthält, das im Laufe der letzten Woche in der besetzten Westsahara geladen wurde. In einigen Tagen wird es höchstwahrscheinlich einen Hafen in der EU ansteuern, sie wie es dies bereits getan hat. 

Die EU hat dafür gesorgt, dass der Handel mit dem besetzten Gebiet sowohl für die Exportunternehmen in der Westsahara als auch für die Importunternehmen in der EU reibungslos verläuft. Die marokkanische Regierung wird von der EU ermächtigt, dem Exportunternehmen Genehmigungen zu erteilen und sich selbst als Ursprungsland anzugeben. Gleichzeitig akzeptiert die EU offen, dass das Importunternehmen im Rahmen eines Abkommens zwischen der EU und Marokko Produkte kauft, die an einem Ort hergestellt werden, der nicht zu Marokko gehört. 

„Wir fordern die EU-Institutionen, die EU-Mitgliedstaaten und die beteiligten Unternehmen auf, die Urteile des Gerichtshofs und vor allem die Wünsche des Volkes der Westsahara zu respektieren. In ihrer jetzigen Form untergräbt die EU direkt das Recht des sahrauischen Volkes auf Selbstbestimmung und den UN-Friedensprozess. Die EU hat kein Recht, Handelsabkommen mit Marokko abzuschließen, die die Westsahara betreffen, ohne vorher die Zustimmung des Volkes einzuholen. Die EU sollte sich nicht über das Gesetz stellen", sagte Sylvia Valentin, Vorsitzende von Western Sahara Resource Watch.

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