Weniger Investment europäischer Banken in Düngerindustrie der Sahara
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Mindestens sechs skandinavische Finanzinstitutionen investieren jetzt weniger in internationalen Unternehmen mit Importen aus den besetzten Gebieten der Westsahara.
Veröffentlicht 29. Dezember 2010


Photo: Frühere Mitarbeiter der Phosphatminen demonstrieren vor dem Verwaltungsgebäude des Bergbauministeriums in El Aaiún, nachdem die meisten vormals beschäftigten Saharauis entweder entlassen wurden oder geflohen waren, als Marokko diesen Teil des Landes besetzte.

Eine einfache Internetsuche durch WSRW zeigt, dass bisher mindestens sechs Finanzinstitutionen Gelder aus Unternehmen zurückgezogen haben, die Phosphatgestein aus den besetzten Gebieten der Westsahara importieren. Die meisten Anleger bedienen sich vertraulicher „schwarzer Listen“, so dass die tatsächliche Zahl ethischer Anleger wahrscheinlich schon mehr als sechs beträgt.

Die Bankunternehmen, von denen bekannt ist, dass sie Kapital abgezogen haben, sind die Danske Bank (Dänemark), Seventh AP Fund (Schweden), Folksam/KPA (Schweden), Öhman Funds (Schweden), KLP (Norwegen) und vermutlich auch Ilmarinen (Finnland). Außerdem haben sowohl Nordea (Schweden), als auch Fonds wie First, Second, Third und Fourth AP Funds (Schweden) Gespräche mit den betreffenden Unternehmen aufgenommen.

Die Danske Bank hatte im Jahre 2009 fünf Düngemittelhersteller wegen ihrer Importe aus der Westsahara ausgeschlossen: Innophos, Potash Corp, Wesfarmers, FMC und Incitec Pivot. Als Grund dafür wurde der Import natürlicher Ressourcen unter Verletzung von Menschenrechtsgrundsätzen angegeben. Weitere Informationen in englischer Sprache in diesen zwei Texten: Corporate Responsibility Factbook 2009 und Exclusion list vom 24 August 2010 sowie in norwegischer Sprache der Exclusion list auf Danica-Seiten oder zum Herunterladen.

Laut dem englischsprachen Jahresbericht 2009 der Seventh AP Funds wurden drei der erwähnten Düngemittelhersteller, Incitec Pivot, Wesfarmers und PCS, wegen der Anschuldigung einer „Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen in der Westsahara“ auf die schwarze Liste gesetzt.

Die Beteiligung an den „Geschwisterfonds“ des Seventh AP Fund wurde jedoch beibehalten. Im Jahre 2009 hatten die schwedischen Regierungsfonds First, Second, Third and Fourth AP Funds Gespräche mit Incitec Pivot aufgenommen, wie aus dem Annual Report 2009 des Ethik-Rats der vier Fonds hervorgeht:

Tatbestand: Incitec Pivot kauft Phosphatgestein von einem marokkanischen Unternehmen, das am Phosphatbergbau in der Westsahara beteiligt ist, der früheren spanischen Kolonie, die seit 1975 von Marokko besetzt ist und auf der Liste von nicht selbst regierten Gebieten steht, die entkolonisiert werden müssen. Die Erschließung von Naturressourcen der Westsahara gegen den Willen der saharauischen Bevölkerung wurde in einem Rechtsgutachten des Untergeneralsekretärs für Rechtsfragen der Vereinten Nationen aus dem Jahre 2002 als illegal bezeichnet. Eine Nichtbeachtung würde einen Verstoß gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verstoßen.
Ziel: Entweder sollte Incitec Pivot den Erwerb von Phosphaten einstellen, die aus der Westsahara stammen, oder nachweisen, dass deren Förderung in Übereinstimmung mit dem Rechtsgutachten der Vereinten Nationen aus dem Jahre 2002 nicht im Widerspruch zu den Interessen und Wünschen der saharauischen Bevölkerung steht. Das Unternehmen sollte zudem auch eine Firmenpolitik entwickeln, die ausschließt, dass sie zu einer Verletzung international anerkannter Menschenrechte beiträgt.


Im Juni 2010 hat der norwegische Anleger KLP Kapital aus insgesamt vier Düngemittelunternehmen abgezogen, wie in englischer Sprache im June 2010 SRI report nachzulesen ist:
Grund dafür ist, dass diese Unternehmen „indirekt die unrechtmäßige Besetzung des Gebiets durch Marokko unterstützen. Aus einem im Jahre 2002 vom Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen ausgearbeiteten Rechtsgutachten geht hervor, dass eine Erschließung von Naturressourcen in kolonisierten Gebieten – insbesondere der Westsahara – illegal ist, wenn sie dies nicht zum Nutzen der Bevölkerung des Gebiets vorgenommen wird.” Bei den vier Firmen handelt es sich um Wesfarmers, Incitec Pivot, PCS und FMC Foret.

Im Zusammenhang zu sehen sind Reaktionen der Anleger Folksam aus Schweden und Ilmarinen aus Finnland auf die jeweiligen Aktivitäten von Düngemittelherstellern. Dazu ist bei Folksam (Link leider nicht in deutscher Sprache verfügbar) nachzulesen:

„Folksam hat seit 2008 Kontakte mit dem norwegischen Unternehmen KLP und dem finnischen Ilmarinen im Rahmen der Nordic Engagement Cooperation (NEC) mit dem Ziel der Koordinierung gemeinsamer Führungsrichtlinien hinsichtlich Umwelt, Menschenrechten und Antikorruption aufgenommen. NEC erzielte 2009 einen Durchbruch in Bemühungen um einen Dialog mit Wesfarmers. Folksam verzichtete auf seine Beteiligung an Wesfarmers 2008 wegen der Phosphatimporte aus der Westsahara durch ein Zweigunternehmen von Wesfarmers. Doch wenn die Importe eingestellt werden, kann es zu einer Revision dieser Entscheidung seitens Folksam kommen.“

Ilmarinen bestätigt sein Engagement in der Westsaharafrage in diesem englischsprachigen Dokument Financial Responsibility report für 2009.

Die schwedische Bank KPA Pension, ein Zweigunternehmen der Bank Folksam, gab ihr Miteigentum an Wesfarmers 2008 auf.

"Wir ziehen es vor, Einfluss auf Unternehmen zu nehmen, um sie zu verbessern, und am besten gelingt uns das als Eigentümer. Wir haben jedoch in diesem Fall keinerlei Fortschritte erzielt", sagte Carine Lundberg Markow, verantwortlich für Sozial vertretbare Anlagen der schwedischen Bank Folksam. Sogar der schwedische Fondsmanager Öhman kündigte im Dezember 2007 an, nicht mehr in Wesfarmers zu investieren zu wollen.

Obwohl Wesfarmers weiterhin ein bedeutender Importeur von Phosphatfels aus der Sahara ist, hat Nordea angekündigt, dass andererseits Investitionen von Wesfarmers in neuen Fabriken ausreichend für eine Entscheidung seien, nicht zu desinvestieren. Dies geht aus dem Responsible Investment & Governance Report - June 2010 in englischer Sprache hervor, der auch in dänischer Sprache abgerufen werden kann.

Westsahara
Die Vereinten Nationen führen die Westsahara seit den sechziger Jahren auf ihrer Liste nicht selbst regierter Gebiete. Marokko ist in die Westsahara im Jahre 1975 eingedrungen, und der größte Teil des Gebiets ist seitdem stets besetzt geblieben. Naturressourcen aus dem besetzten Gebiet zu beziehen, verstößt gegen das Recht auf Selbstbestimmung, wenn dies nicht unter voller Respektierung der Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung geschieht. Die Firmenreferenzen verlangen von Unternehmen die Annahme einer Menschenrechtspolitik und sicherzustellen, dass das Selbstbestimmungsrecht berücksichtigt wird. Und Unternehmen sollten auch von Geschäftspartnern verlangen, sich daran zu halten.

Kontroverser Bezug von Phosphatgestein
In den letzten Jahren wurden mehrere Unternehmen kritisiert, weil sie an einer Erschließung von Naturressourcen der Westsahara beteiligt sind. Nordea war an drei Unternehmen beteiligt, die Phosphatgestein aus diesem Gebiet beziehen. Wir untersuchen jedoch auch Firmen anderer Sektoren, so aus Tätigkeitsbereichen wie Schifffahrt, Fischerei sowie Erdöl und Gas.

Positive Ergebnisse
Die Auseinandersetzung von Nordea mit dem australischen Unternehmen Wesfarmers ging 2009 erfolgreich zuende. Der Dialog mit Wesfarmers ergab, dass die Firma sich nach von Aktieninhabern ausgeübtem Druck zum Investieren in neuen Möglichkeiten entschlossen hat, um der Phosphatfrage in Sachen Sahara Rechnung zu tragen. Neue Installationen werden das Unternehmen in die Lage versetzen, mit einer Reihe anderer Zulieferer statt derjenigen aus der Westsahara zu arbeiten. Diese Lösung bedeutet jedoch, dass das Unternehmen noch ein weiteres Jahr lang die Phosphate aus der Westsahara benötigt.
Der Dialog zwischen Nordea und der US-Firma Mosaic Company wurde im Juni 2010 erfolgreich beendet. Mosaic hatte bereits bekannt gegeben, dass der Erwerb von Phosphaten aus der Westsahara eingestellt wurde, was jetzt auch unabhängige Quellen bestätigen. Das Unternehmen hat eingestanden, dass Menschenrechtsprobleme mit dem Import von Phosphaten aus der Westsahara verbunden sind.

Weiter fortgesetzte Bemühungen:
Potash Corporation of Saskatchewan

Abgeschlossene Bemühungen:
Wesfarmers and The Mosaic Company


Ein anderes Dokument von Nordea in schwedischer Sprache weist einen etwas anderen Wortlaut auf (nicht offizielle Übersetzung durch WSRW):
„Nordea Funds hatte vor einiger Zeit Verhandlungen mit dem Unternehmen Wesfarmers aufgenommen. Diese Firma hatte internationale humanitäre Richtlinien durch ihre Importe von Phosphatgestein aus der Westsahara nicht eingehalten. Wesfarmers hat nun, nachdem Druck unter anderem von Nordea Funds ausgeübt worden war, in einer Installation zu investieren, die es der Firma ermöglicht, Phosphatgestein aus anderen Gebieten und nicht nur aus der Westsahara zu importieren. Im Dezember 2009 haben wir uns deshalb dazu entschlossen, die Verhandlungen mit Wesfarmers zu beenden.“

unpri_270.jpgDie von Wesfarmers in Australien eingeleiten Maßnahmen finden auch im 2010 Annual Report of the PRI Initiative ihr Echo. Bei PRI handelt es sich um eine Anlageinitiative in Zusammenarbeit mit der UNEP Finance Initiative und UN Global Compact. Und der Einsatz beider als Clearinghouse unterstützte alle Initiativen im Fall von Wesfarmers. Zuerst wurde Clearinghouse schon Ende 2006 dadurch tätig, dass für seine Unterzeichner ein Forum geschaffen wurde, um diesen nun Informationen über Aktivitäten zu bieten, die sie entweder bereits durchführen oder aber durchführen möchten.

Australien: Ein gemeinsames Einschreiten hat ein Filialunternehmen des australischen Bergbauunternehmens Wesfarmers veranlassen können, in Installationen zu investieren, die eine Verarbeitung von phosphathaltigem Gestein anderen Ursprungs ermöglichen statt desjenigen aus kontroversen Vorkommen im illegal besetzten Teil der Westsahara, heißt es in dem PRI-Bericht.
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