Lebenslange Haftstrafen für politische Gefangene bestätigt

Das marokkanische Kassationsgericht bestätigte am 25. November 2020 die harten Urteile gegen die so genannten Gdeim Izik-Gefangenen. Die Gruppe beteiligte sich am Protest gegen die sozioökonomische Marginalisierung in der Westsahara im Jahr 2010.

26. November 2020

Das marokkanische Kassationsgericht gab am 25. November seine umstrittene Entscheidung im kafkaesken Rechtsstreit gegen die Gdeim Izik-Gefangenen bekannt. Die Gruppe war nach den Ereignissen von Gdeim Izik im Jahr 2010 inhaftiert worden.

Das Kassationsgericht bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts aus dem Jahr 2017 und damit die Strafen, die von 20 Jahren bis zu lebenslanger Haft reichen. Die Urteile waren auf Grundlage von Geständnissen, die unter Folter abgelegt wurden, gefällt worden.

Am 21. Oktober 2020 hatte das Gericht unerwartet bekannt gegeben, dass es eine Berufung annimmt, die die Verteidigerinnen drei Jahre zuvor im Namen der Gefangenen von Gdeim Izik eingereicht hatten. Es wird angenommen, dass die plötzliche, aus heiterem Himmel erfolgte Annahme des Falles mit dem Beginn von Demonstrationen im Gebiet von Guerguerat durch sahrauische Zivilist:innen zusammenhängt, die die Handelsroute von Marokko nach Mauretanien blockierten.

Die Anhörung zu dem Fall fand am 4. November statt. Während der Anhörung sprachen sich die Verteidigerinnen für die Aufhebung des Urteils aus, da unter Folter unterzeichnete Geständnisse als Hauptbeweis gegen die Angeklagten verwendet wurden. Das Gericht bestätigte, dass die Einwände der sahrauischen Anwältinnen plausibel wären und dass ein Urteil am 25. November 2020 gefällt werden würde.

Sahrauische Nachrichtensender und Menschenrechtsaktivist:innen sind überzeugt, dass das vom Kassationsgericht gefällte Urteil mit dem kürzlich wieder aufgenommenen Krieg zwischen dem Königreich Marokko und der Frente Polisario zusammenhängt.

Bei den Gefangenen von Gdeim Izik handelt es sich um Journalisten, politische Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und Mitglieder des Dialogkomitees im Lager Gdeim Izik im Jahr 2010. Das Protestcamp Gdeim Izik markierte den Beginn des Arabischen Frühlings in der Region und soll Tausende von sahrauischen Demonstrant:innen beherbergt haben.

WSRW berichtete Anfang dieses Jahres ausführlicher über den Prozess und die Gefangenen.

Die willkürliche Inhaftierung der Gefangenen von Gdeim Izik war unter anderem Inhalt einer Mitteilung der Sonderverfahren der Vereinten Nationen vom 20. Juli 2017 (AL Mrz 3/2017).  Die Mitteilung wurde von der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen gegen willkürliche Inhaftierung, dem Sonderberichterstatter zur Meinungsfreiheit, dem Sonderberichterstatter zur Lage von Menschenrechtsverteidiger, dem Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten und dem Sonderberichterstatter über Folter unterzeichnet. Der Text betont, dass die Gruppe der sahrauischen Menschenrechtsaktivisten unter Mißachtung ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit im Gdeim Izik Camp verhaftet und inhaftiert worden war.

Nachrichten

Bald 10 Jahre unrechtmäßige Haft: Lasst die Gdeim Izik Gruppe frei!

Western Sahara Resource Watch fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung der Gruppe saharauischer Aktivisten, die 2010 wegen ihrer Proteste für sozio-ökonomische Rechte des saharauischen Volkes inhaftiert wurden.

08. September 2020

Schlag gegen das Komitee zur Erhaltung natürlicher Ressourcen

Sidahmed Lemjiyed, der Vorsitzende des Saharauischen Komitees zur Verteidigung natürlicher Ressourcen (Comité Saharaui de Protección de los Recursos Naturales – CSPRON) wurde am 25. Dezember in El Aaiún zusammen mit der Menschenrechtsaktivistin Izzana Amidan festgenommen, nachdem der Generalstaatsanwalt im November 2010 entsprechende Haftbefehle erlassen hatte. Und Izzana Amidan wurde danach vorläufig auf freien Fuß gesetzt, doch Sidahmed Lemjiyed wurde dem Militärgericht überstellt.
29. Dezember 2010

Landesrätin fordert ein Einlenken der österreichischen Bundesregierung

Karin Scheele, Landesrätin der Regionalregierung von Niederösterreich, fordert die österreichische Bundesregierung auf, die Menschenrechte über die Handelsinteressen mit Marokko zu stellen. \"Die EU wird ihren eigenen Prinzipien nicht gerecht\", meint Frau Scheele.
24. November 2010

Ruiz Miguel in einem Interview über den Tod eines saharauischen Jungen

Die derzeitigen massiven Proteste von Saharauis haben jetzt ein erstes Todesopfer gefordert: einen 14jährigen saharauischen Jungen. Vor etwa zwei Wochen begannen einige Saharauis erste Haimas – typische Nomadenzelte – in der Wüste zu errichten: Sie verlangten, am Gewinn aus der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen ihrer Heimat beteiligt zu werden, der bisher ausschließlich in die Taschen der Besatzungsmacht Marokko fließt. Carlos Ruiz Miguel, WSRW-Mitglied, kommentierte das Geschehen im Programm Radio 5 von Radio Nacional de España.
09. November 2010