Deutsche Post: Endlich Klarheit zu DHLs Geschäften in der Westsahara?

Da das Unternehmen nicht auf Fragen zu den Aktivitäten seiner Tochtergesellschaft DHL in der besetzten Westsahara antwortet, bittet WSRW Aktionär:innen, die Angelegenheit auf der kommenden Jahreshauptversammlung zur Sprache zu bringen.

28. Juli 2020

Foto oben: Die Filiale von DHL am Boulevard 66, El Aaiún, 24. November 2019, in der besetzten Westsahara.

Am 18. Mai 2020 sandte WSRW einen Brief an die Deutsche Post AG, in dem das Unternehmen gebeten wurde, sein Engagement in dem Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung Westsahara zu erklären. Zwei Monate später hat WSRW immer noch keine Antwort darauf erhalten.

"Angesichts des Schweigens des Unternehmens zu diesem kontroversen Thema hoffen wir, dass die Aktionär:innen auf der kommenden Jahreshauptversammlung zu mehr Transparenz und Antworten drängen werden", sagte Florence Peschke von WSRW.

Die Hauptversammlung des Konzerns Deutsche Post AG (Deutsche Post DHL Group) ist für den 27. August 2020 angesetzt und wird aufgrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie virtuell durchgeführt.

Die Tochtergesellschaft der Deutschen Post AG, die DHL International GmbH, ein Kurier-, Paket- und Expressdienst, eröffnete 2016 eine Express-Filiale in El Aaiún, der Hauptstadt der Westsahara. In einer Pressemitteilung, die DHL Express Maghreb zur Ankündigung der Eröffnung in El Aaiún an marokkanische Medien verteilte, erklärte CEO Jawad Ouaziz, dass der neue Standort von DHL in "Laayoune" (Marokkos bevorzugte lateinische Schreibweise von El Aaiún) den Zugang zu seinen Dienstleistungen für die "Partner in der Region" erleichtere. Ziel sei es, "das DHL Express-Angebot in den Regionen Süd, Ost und Mitte-Ost besser zugänglich zu machen", sagte Ouaziz, wobei er Marokko als das übergreifende Land dieser Regionen bezeichnete.

In gleicher Weise bewarb die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Marokko die Eröffnung der DHL-Niederlassung in El Aaiún als "fünfzehnte Niederlassung des Unternehmens in Marokko".

Marokko hat jedoch keine Souveränität und kein Verwaltungsmandat über die Westsahara, wie der Europäische Gerichtshof im Dezember 2016 unmissverständlich feststellte. Damit schloss sich der Gerichtshof den Schlussfolgerungen des Internationalen Gerichtshofs an, der im November 1975 feststellte, dass  keine Souveränitätsbindungen zwischen den Gebieten Marokkos und der Westsahara erkennbar sind, die die Anwendung des Selbstbestimmungsrechts des sahrauischen Volkes beeinträchtigen würden. Nicht einmal einen Monat später fiel Marokko in sein südliches Nachbarland ein. Bis heute besetzt es unter Verletzung des Völkerrechts  drei Viertel des Territoriums. Eine Analyse der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages aus dem Jahr 2019 stuft Marokko als Besatzungsmacht der Westsahara ein.

Entsprechend der von der Bundesregierung vorgenommenen Einstufung der Westsahara als Territorium mit "ungeklärtem Status", schließen staatliche Institutionen  die Westsahara explizit von ihren Aktivitäten mit Marokko aus. So wird beispielsweise die deutsche Entwicklungsbank KfW nicht in erneuerbare Energieprojekte in diesem Territorium investieren, und erst im Mai dieses Jahres schloss sie das Territorium bei der Kreditvergabe an OCP für ein Wasserprojekt deren Bergwerke ausdrücklich aus.

Die KfW-Bank hält einen Aktienanteil von 20,5% an der Deutschen Post AG.

Als DHL sich in ihrem besetzten Heimatland niederließ, brachten sahrauische Organisationen sofort ihren Widerstand zum Ausdruck, aber ohne Erfolg.    

Bis heute verortet DHL El Aaiún in Marokko, wie der jüngste Screenshot des DHL-Filialfinders auf der rechten Seite zeigt. Die Suchfunktion auf der DHL-Webseite listet die "Laayoune"-Niederlassung unter Marokko auf. Die Westsahara ist nicht als Option in der Liste der Länder enthalten. Merkwürdigerweise ist auf der beigefügten Karte die Grenze zwischen Marokko und der Westsahara korrekt dargestellt.

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