Continental zieht sich aus besetzter Westsahara zurück
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Das deutsche Unternehmen Continental hat seinen Liefervertrag mit der staatlichen marokkanischen Phosphatgesellschaft, die die umstrittene Phosphatmine in der Westsahara betreibt, nicht verlängert.

11. Februar 2021

Der Vertrag zwischen der Continental-Tochter ContiTech und OCP, der staatlichen marokkanischen Phosphatgesellschaft, die illegal die Phosphatvorkommen von Bou Craa in der besetzten Westsahara ausbeutet, ist nicht verlängert worden. Dies stellte Continental diese Woche gegenüber Western Sahara Resource Watch (WSRW) in einem Briefwechsel klar.

"Wir begrüßen es, dass Continental die Lieferungen an die Mine in der Westsahara nicht fortsetzt. Marokko hat kein Recht, die Phosphatmine auf besetztem Territorium zu betreiben. Diese Ressourcen sind Eigentum des unterdrückten sahrauischen Volkes", erklärte Sara Eyckmans von WSRW.

Das Unternehmen schickte am 10. Februar 2021 einen ersten Brief an WSRW, wobei es am 11. Februar klarstellte, dass das es "somit keinen bestehenden Vertrag oder Vereinbarung" für das Territorium mehr hat.

Continental ist das zweite Unternehmen innerhalb weniger Monate, das ankündigt, den Service für OCP in der Westsahara zu beenden. Im Oktober 2020 hatte das schwedische Bergbauunternehmen Epiroc bekannt gegeben, dass er die umstrittene Bou Craa Phosphatmine in der besetzten Westsahara nicht mehr mit Bohrausrüstung beliefern wird. Ein Dutzend Kunden von OCP haben den Kauf des Konfliktminerals aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Menschenrechte und des Völkerrechts bereits gestoppt, wie in den jährlichen Berichten von WSRW über den Phosphathandel beschrieben ist. 

Der Vertrag, der ContiTech mit der Lieferung von Ersatzteilen für die Förderbandanlage von OCP beauftragte, war bereits am 30. Juni 2020 ausgelaufen. 

Continental und OCP waren seit gut einem Jahr im Gespräch, um den Vertrag zu verlängern. Continental teilte WSRW im Januar 2020 mit, dass die Gespräche noch liefen und das Thema Westsahara in den Verhandlungen angesprochen werden würde.

Im Juni 2020 lief der Vertrag jedoch aus. "Der Liefervertrag, auf den Sie sich beziehen, wurde bisher nicht verlängert. Ob ein neuer Vertrag abgeschlossen wird und wenn ja, mit welchem Inhalt, kann derzeit nicht gesagt werden", erwiderte der Vorstand der Continental AG auf der Hauptversammlung des Unternehmens am 14. Juli 2020 auf die Fragen von WSRW.

WSRW ist seit 2017 im Dialog mit Continental. Mit der Zeit griffen andere Gruppen unsere Bedenken bezüglich des Engagements des Unternehmens in der letzten Kolonie Afrikas auf. Mehrere deutsche NGOs appellierten im März 2020 an das Unternehmen, "seiner unternehmerischen Verantwortung nachzukommen und die völkerrechtswidrige Besetzung von Teilen der Westsahara durch Marokko nicht wirtschaftlich zu unterstützen". Darüber hinaus musste sich Continental auf der Hauptversammlung 2020 durch Fragen von Aktionär:innen mit dem Thema befassen. Über die Aktivitäten des Unternehmens wurde im Mai 2020 auch in der Tageszeitung taz berichtet

Über die Tochtergesellschaft ContiTech war Continental maßgeblich an der Instandhaltung des 100 km langen Förderbandes beteiligt, das Phosphatgestein aus der Mine Bou Craa an die Küste transportiert, von wo aus es an internationale Kund:innen verschifft wird. 

Das Engagement von Continental in der Westsahara begann 1971, als das Gebiet noch von Spanien kolonialisiert war. In jenem Jahr lieferte ContiTech ein ST 2500 Stahlcord-Förderband an einen Anlagenbauer, der vom Minenbetreiber beauftragt wurde. Nachdem Marokko Teile des Territoriums besetzt und annektiert hatte, schloss ContiTech mit OCP einen Rahmenvertrag ab, um den Ersatzbedarf für das Förderband im Bedarfsfall sicherzustellen. Der Vertrag umfasste alle OCP-Standorte, einschließlich der Phosphatmine in der besetzten Westsahara, die von OCP über ihre Tochtergesellschaft Phosboucraa illegal betrieben wird.

Im Jahr 2015 begann ContiTech mit dem Bau einer Produktionsanlage für Förderbänder in Jorf Lasfar, einem Gebiet in Marokko, in dem der intensivste Phosphatabbau des Landes betrieben wird. Die Produktion in der Anlage wurde 2017 aufgenommen.

Zentraler Lieferant der OCP-Mine ist heute Siemens Gamesa, dessen Windkraftanlagen die Energie für den Betrieb der Anlage liefern. Siemens Gamesa wurde im Januar aus dem Portfolio der größten privaten Vermögensverwaltung Norwegens wegen seiner Unterstützung des Verstoßes Marokkos gegen internationales Recht ausgeschlossen.   

"Wir fordern Siemens Gamesa auf, dem Beispiel von Continental und Epiroc zu folgen. Die Unterstützung des Betriebs der OCP-Mine in der Westsahara stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende ethische Normen dar", so Eyckmans.

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