Das Monsterschiff einer deutschen Reederei ist wieder in den Gewässern der Westsahara aktiv, um deren Fischbestände im Rahmen des zur Zeit am Europäischen Gerichtshof untersuchten Fischereiabkommens zwischen der EU und Marokko auszubeuten.
Dieser Artikel ist ein Update zum Artikel vom 19. Oktober 2019.
Die Helen Mary ist seit Anfang August 2021 erneut in den Gewässern der Westsahara aktiv. Seitdem beutet das von der deutschen Doggerbank Reederei betriebene „Monsterschiff“ (Greenpeace) die sahrauischen Fischbestände aus. Am 29.09.2021 könnte der Europäischen Gerichtshof (EuGH) diese Praxis als rechtswidrig einstufen und ihr somit ein Ende setzen. Dann nämlich entscheidet das Gericht über das Fischereiabkommen, das die EU mit Marokko unter Missachtung von EU-Rechtssprechung auf die Westsahara ausgeweitet hat und in dessen Rahmen die Helen Mary gegenwärtig noch operiert.
Laut eines Urteils des EuGH im ähnlich gelagerten Fall des EU-Marokko Agrarabkommens ist Zustimmung des Volkes des Westsahara die Vorraussetzung für die Anwendung eines solchen Abkommens auf die Westsahara. Diese Zustimmung wurde jedoch nie erteilt. Alle Hintergründe zum genannten Abkommen und einschlägigen Gerichtsurteilen finden Sie in diesem Übersichtsartikel erläutert.
Die Helen Mary operierte Anfang August 2021 wie vor rund zwei Jahren unter anderem südlich von Dakhla, Anfang September 2021 war es jedoch im Norden der Westsahara in der Nähe von El Aaiún unterwegs. Seine Ladung hat der Trawler währenddessen wiederholt in Agadir (Marokko) bzw. Las Palmas (Gran Canaria, Spanien) gelöscht.
Im folgenden Auszug aus dem Artikel vom 19. Oktober 2019 sind weitere Details zum Hintergrund der Ausbeutung der Fischbestände durch die Helen Mary aufgeführt.
In der EU wird der Fang der Helen Mary als „marokkanischer“ Fisch die Kühlregale der Supermärkte füllen, denn die Lizenz zum Abfischen der Gewässer der Westsahara hat Marokko erteilt, das dieses Gebiet seit 1975 besetzt. Die UNO führt die Westsahara als ein Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung, ein Gebiet, das noch nicht dekolonialisiert wurde.
Im Rahmen des Fischereiabkommens mit der EU vergibt Marokko Fanglizenzen an die EU und erhält im Gegenzug 2019-2022 160,6 Mio € von der EU u.a. zur Unterstützung der Fischereipolitik Marokkos, die den Ausbau der Infrastruktur der Fischereiindustrie insbesondere auch in der Westsahara beinhaltet. Deutschland hat im Rahmen dieses Abkommes für 2019 Lizenzen in Höhe von 6871,2 Tonnen für industrielle pelagische Fischerei bekommen.
Das neue Fischereiabkommen trat am 18. Juli 2019 in Kraft und schließt die Gewässer der Westsahara ausdrücklich mit ein, obwohl der Europäische Gerichtshof (EugH) genau dies in seinem Urteil am 27. Februar 2018 (C-266/16) untersagt hatte. Das Abkommen wäre nicht zustande gekommen, hätte die Bundesregierung ihm nicht im Rat der EU zugestimmt. Damit trägt die Bundesregierung die Mitverantwortung dafür, dass das Recht des sahrauischen Volkes auf Selbstbestimmung und Verfügung über seine Ressourcen wieder einmal wirtschaftlichen und politischen Interessen geopfert wird.
Die EU ist der Meinung, dass die neuen Abkommen mit Marokko den UN geführten Verhandlungsprozess um die Westsahara nicht berühren, obwohl sie Verträge mit Marokko abschließt, die die Westsahara, also ein drittes Hoheitsgebiet, einbeziehen. Dass Marokko, und nur Marokko, berechtigt sei, über das Gebiet zu verfügen, ist exakt Marokkos Position in diesem Konflikt, und diese Position wird mit diesem Abkommen faktisch unterstützt. Wer mit einer Besatzungsmacht Geschäfte macht, beteiligt sich an der Plünderung der Ressourcen, legitimiert die Besatzung, zementiert diese, weil Geld in die Kassen der Besatzungsmacht gespült wird, und entwickelt ein Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung des Status Quo.
Die Helen Mary bildet zusammen mit sechs anderen Trawlern die Flotte der deutschen Hochseefischerei. Sie ist dabei das zweitgrößte Schiff. Aufgrund zurückgehender EU-Fangquoten in der Nordsee und dem Nordost-Atlantik baut die deutsche Hochseefischerei den Bereich der Fernfischerei aus. Gefischt wird dabei nach eigenen Aussagen ausschließlich auf Basis der von der EU zugewiesenen Fangquoten für einzelne Arten und Gebiete. (Deutscher Fischerei-Verband e.V.)
Marokko vergibt die Lizenzen zum Plündern der Fischbestände der Westsahara an die EU und diese vergibt Fangquoten an die Hochseefischereiflotten der Mitgliedsländer. Die Helen Mary fischt also nicht ohne Lizenz, aber eben nur mit Erlaubnis des Nachbarlandes, das die Westsahara besetzt.
wsrw forderte am 16.10.2019 den Eigentümer des Schiffes* schriftlich dazu auf, das Völkerrecht zu wahren und keine Fischerei vor der Küste der Westsahara zu betreiben, solange das sahrauische Volk dem nicht durch seine einzige bei der UN anerkannte Vertretung, der Frente Polisario, zugestimmt hat.
*Eigentümer der Helen Mary ist die Warnemünder Hochseefischerei GmbH, diese gehört zur Doggerbank Seefischerei GmbH (Bremerhaven), die Teil der Parlevliet & Van der Plas group ist.
Während die französische Regierung jegliche völkerrechtliche Norm in der Westsahara ignoriert, setzt sie ihre eigenen Unternehmen einem ernsthaften Risiko aus.
Die irische Fluggesellschaft hat eine neue Route nach Dakhla in "Marokko" angekündigt und lobt die Besatzungsmacht für ihre "Unterstützung und Vision bei der Sicherung dieser Großinvestition".
Ein von der EU-Kommission erstellter Bericht gibt Aufschluss über die enorme Summe, die die EU in nur einem Jahr und das allein im Rahmen des Handelsabkommens zwischen der EU und Marokko den Sahrauis vorenthält.
WSRW hat die wichtigsten Ergebnisse des wegweisenden Urteils des EU-Gerichtshofs zur Westsahara vom 4. Oktober 2024 zusammengefasst.