Das australische Unternehmen Incitec Pivot hat heute bestätigt, dass es der Käufer einer Ladung Phosphatgestein ist, die die marokkanische Regierung aus der illegal besetzten Westsahara exportiert hat.
Foto: Das Exportterminal des marokkanischen Staatsunternehmens OCP in der besetzten Westsahara. @ElliLorz
Bei dem heutigen Treffen des australischen Unternehmens Incitec Pivot und einer australischen Gewerkschaft bestätigte das Düngemittelunternehmen, die Ladung an Bord des Schüttgutfrachters Clipper Isadora, der derzeit den Indischen Ozean durchquert, erworben zu haben. Das Schiff wird voraussichtlich am 15. Oktober 2022 im Hafen von Geelong eintreffen.
Es ist der erste Import aus der besetzten Westsahara nach Australien und von Incitec Pivot seit 2016.
Nach den bisherigen Erkenntnissen von WSRW hat das Schiff 33.000 Tonnen Phosphatgestein geladen, das von der marokkanischen Regierung in dem von ihr besetzten Gebiet ausgebeutet wurde. Die Menge stimmt mit den Berechnungen von WSRW auf Grundlage des Tiefgangs des Schiffes überein. WSRW berichtete erstmals am 23. September über den Vorfall, als das Schiff seine Route zum Hafen von Geelong übermittelte.
Incitec Pivot ist das einzige börsennotierte Unternehmen weltweit, das zur Zeit diese umstrittene Ware kauft.
Während des heutigen Treffens schloss Incitec nicht aus, auch in Zukunft Phosphat zu kaufen. Die australischen Gewerkschafter:innen betonten während des Treffens die schweren Menschenrechtsverletzungen in dem Gebiet, wie beispielsweise die gegen die Aktivistin Sultana Khaya, die 2015 Gast bei australischen Gewerkschaftstreffen war.
"Angesichts des Fehlens von Garantien und einer glaubwürdigen Lieferkettenpolitik seitens des Unternehmens fordert Western Sahara Resource Watch die internationalen Anteilseigner:innen auf, ihre Anteile des Unternehmens zu veräußern. Incitec Pivot hat offensichtlich weder die ethischen und rechtlichen Aspekte einer solchen Geschäftspraxis erkannt, noch das langjährige Engagement seiner Eigentümer:innen in früheren Jahren berücksichtigt. Es ist eindeutig ein inakzeptables Risiko für Investor:innen durch Beteiligungen am Unternehmen an künftigen Vorfällen beteiligt zu sein.“, so Cate Lewis von Western Sahara Resource Watch in Australien.
Mehrere internationale Banken und Vermögensverwaltungen hatten Incitec Pivot aufgrund der Geschäfte mit der Westsahara aus ihren Portfolios ausgeschlossen. Einige von ihnen haben das Unternehmen später von den Ausschlusslisten gestrichen, da es seine Importpraxis offenbar eingestellt hatte. Lewis betont, dass der aktuelle Vorfall zeige, dass es für Anleger:innen zu früh sei, Aktien von Incitec Pivot zu akzeptieren, da das Unternehmen keine angemessenen Garantien biete.
"Wir leben in einer Welt, in der die grundlegenden Prinzipien des internationalen Rechts unter Druck stehen. Unternehmen sollten diese Grundsätze nicht untergraben, indem sie illegale Besetzungen unterstützen", erklärte Lewis.
Der Afrikanische Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker kam am 22. September 2022 in einem bahnbrechenden Urteil zu dem Schluss, dass die Besatzung der Westsahara durch Marokko eine schwere Verletzung des Rechts des sahrauischen Volkes auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit darstellt.
Diese Entscheidung folgt einer Reihe von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs, die sich auf mehrere bilaterale Abkommen zwischen der EU und Marokko beziehen, sowie auf den konkreten Fall NM Cherry Blossom vor dem High Court in Südafrika, der den illegalen Export des Minerals durch das marokkanische Unternehmen OCP betraf.
WSRW hat Incitec Pivot am 20. September ein Schreiben zukommen lassen, auf das bisher keine Antwort eingegangen ist.
Soweit WSRW weiß, erfolgt die Bezahlung der Ladung an das staatliche marokkanische Unternehmen OCP erst nach Erhalt der Ladung.
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