Zwei Sahrauis protestierten während der Jahreshaupt- versammlung von Siemens Gamesa gegen die ausbleibende Reaktion des Unternehmens auf Kritik bezüglich seiner Unterstützung der Besatzung.
Zwei Sahrauis und Western Sahara Resource Watch meldeten sich während der Jahreshauptversammlung von Siemens Gamesa am 24.03.2022 in Bilbao, Spanien, zu Wort. Das spanische Unternehmen baut für die marokkanische Regierung Energieinfrastruktur in der besetzten Westsahara. Im Jahr 2021 begann mit dem umstrittenen Boujdour-Kraftwerk das bisher größte Projekt, das in Partnerschaft mit der privaten Firma des marokkanischen Königs durchgeführt wird.
Hassana Aalia, ein Sahraui mit politischem Asyl in Spanien, berichtete während der Versammlung, wie er (in Abwesenheit) von einem marokkanischen Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, weil er 2010 an einem sahrauischen Protest teilgenommen hatte.
"Für mich ist es unverständlich, wie ein Unternehmen wie Siemens Gamesa sich an den Versuchen Marokkos beteiligen kann, die Besetzung meines Heimatlandes zu zementieren, und sogar behaupten kann, dass Ihre Projekte irgendwie zu unserem Vorteil sind - das hat Siemens Gamesa nicht zu entscheiden", erklärte Aalia gegenüber der Unternehmensleitung.
"Vielleicht haben Sie, die Sie heute hier anwesend sind, Bilder von den Demonstrationen gesehen, die wir gegen das Unternehmen durchgeführt haben, oder sogar den Protest heute vor den Türen dieser Hauptversammlung. Bisher haben sowohl Siemens Gamesa als auch Siemens Energy nur mit Schweigen reagiert", erklärte Nayua Jatri Aduh, eine im Exil geborene Sahraui, und betonte, dass niemand Siemens Gamesa die Erlaubnis erteilt habe, auf ihrem Land zu arbeiten.
Während die beiden Sahrauis auf der Hauptversammlung vor der Unternehmensleitung protestierten, hatte sich eine Gruppe von Sahrauis aus Protest vor dem Hauptsitz des Unternehmens versammelt. Über die Proteste der Sahrauis berichteten auch die spanischen Zeitungen El público und Hispanidad.
Der Vorstandsvorsitzende von SGRE, Jochen Eickholt, antwortete, dass das Unternehmen "das geltende Recht" vollständig einhalte. Nach 10 Jahren Schreiben an Siemens Gamesa, Siemens Energy und die Siemens AG konnte die WSRW jedoch nicht herausfinden, was damit gemeint ist.
Jesús Garay, Vertreter von Western Sahara Resource Watch, stellte eine Reihe von Fragen, von denen keine beantwortet wurde:
"Western Sahara Resource Watch fordert das Management von Siemens Gamesa auf zu klarzustellen, die Gesetze welchen Landes es angeblich einhält, wenn es im besetzten Teil des Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung Westsahara tätig ist, und zu erklären, warum es die Gesetze dieses Landes anwendet.
Darüber hinaus hat Siemens Gamesa mehrfach auf ein "überarbeitetes externes Rechtsgutachten vom Februar 2020" verwiesen, das "die Position von SGRE hinsichtlich der Vereinbarkeit seiner Aktivitäten in der Westsahara mit dem geltenden Recht bekräftigt" hätte.
2) Siemens Gamesa teilte WSRW im September 2021 mit, dass "wir den Fortschritt und die Entwicklung der Region gemeinsam mit unseren Kunden und wichtigen Stakeholdern genau verfolgen".
3) Siemens Gamesa teilte WSRW mit, dass "im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker die Errichtung und der Betrieb eines Windparks die lokale Bevölkerung nicht daran hindert, dieses Recht zu genießen (...)".
4) Siemens Gamesa erklärt, dass es die Position der UNO unterstütze, "welche die beteiligten Parteien immer wieder aufgefordert hat, eine für beide Seiten akzeptable politische Lösung zu finden". Kann SGRE erklären, wie der Abschluss von Handelsvereinbarungen mit einem Unternehmen, das sich im Besitz einer der Konfliktparteien befindet - für die Entwicklung von Infrastruktur in der Konfliktzone - dazu beiträgt, diese Partei zu einer Lösung zu bewegen?"
Die vollständigen Beiträge von Hassana Aalia, Nayua Jatri Aduh und Jesús Garay können hier heruntergeladen werden.
Erklärung von CEO Jochen Eickholt auf der Hauptversammlung von Siemens Gamesa Renewable Energy am 24. März 2022 in Bilbao, Spanien, zu den Fragen auf der Hauptversammlung über die Beteiligung von SGRE an marokkanischen Energieinfrastrukturprojekten in der besetzten Westsahara
Meine Damen und Herren, auf die Fragen von Frau Hadu, Herrn Aalia und Herrn Garay möchten wir wie folgt antworten. Was die Fragen und Aussagen zu Siemens Energy oder Siemens betrifft, so steht es uns natürlich nicht zu, in deren Namen zu sprechen. Alle Fragen sollten bitte direkt an sie gerichtet werden. SGRE ist dem UN Global Compact, den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen zutiefst verpflichtet. Wir wenden sie ausnahmslos bei allen Tätigkeiten an allen Standorten weltweit an, auch bei den Projekten in der Westsahara, wie dem Boujdour-Projekt. Im Februar 20 führten wir eine Aktualisierung unserer externen rechtlichen Bewertung durch, die erneut unseren Standpunkt bestätigte, dass alle Aufgaben von SGRE [? unhörbar] in der Westsahara vollständig mit dem geltenden Recht in Einklang sind.
Der Umfang der Tätigkeiten von SGRE, der sich auf die Installation und Wartung von Windrädern beschränkt, verstößt nicht gegen das Recht auf Selbstbestimmung, wie es im internationalen Recht festgelegt ist. Unsere Projekte haben keine Auswirkungen auf den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen oder Institutionen und zerstören oder erodieren nicht die bestehende Infrastruktur. Sie führen auch nicht zu einer Erschöpfung der natürlichen Ressourcen. Die Erfassung und Nutzung der Windenergie durch die von uns bereitgestellten Anlagen steht nicht im Widerspruch zu den Interessen der Menschen in den Gemeinden, in denen wir tätig sind. Im Gegenteil, die Bevölkerung profitiert vom Zugang zu Strom, der durch grüne Technologien von SGRE erzeugt wird. Darüber hinaus verfolgt SGRE eine Beschäftigungspolitik, die darauf abzielt, lokale Arbeitskräfte für seine Projekte einzustellen, wann immer dies möglich ist. Schließlich hat SGRE auch lokale Programme entwickelt, die sich auf Wasserversorgungssysteme, lokale Gesundheits- und auch Bildungsprojekte konzentrieren. Wir haben auch das Urteil des Europäischen Gerichts vom 29. September 2021 über das Fischereiabkommen aufmerksam zur Kenntnis genommen. Uns ist bekannt, dass gegen dieses Urteil von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat Berufung eingelegt worden ist. Gemeinsam mit den wichtigsten Interessengruppen wie unseren Kunden und Lieferanten warten wir auf das Berufungsurteil des Europäischen Gerichts, um daraus Schlussfolgerungen für das weitere Vorgehen abzuleiten.
Abschließend sei gesagt, dass wir die Position der internationalen Gemeinschaft und der Vereinten Nationen voll und ganz unterstützen, die ihre Hoffnung auf eine faire und für beide Seiten akzeptable Lösung der Westsahara-Frage zum Ausdruck bringen. Wir danken Ihnen.
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