Engie weicht Fragen zur Westsahara aus
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Das französische multinationale Unternehmen weigert sich klarzustellen, inwiefern sein Monster-Deal mit Marokkos staatlichem Phosphatunternehmen die besetzte Westsahara betrifft.

17. März 2025

Es besteht die Möglichkeit, dass der französische Energiekonzern Engie in der besetzten Westsahara ein Projekt für grünen Wasserstoff plant.

Am 28. Oktober 2024 unterzeichneten Engie und OCP in Rabat ein gemeinsames Entwicklungsabkommen (JDA) für vier industrielle Großprojekte. Laut der Pressemitteilung von Engie zielt die Partnerschaft darauf ab, Kapazitäten für erneuerbare Energien, einschließlich Speicherlösungen, zu entwickeln; eine an neue erneuerbare Energiequellen angeschlossene Strominfrastruktur vor Ort zu schaffen; Produktionskapazitäten für grünen Ammoniak zu schaffen und die Machbarkeit anderer Wasserstoffderivate zu untersuchen sowie Wasserentsalzungskapazitäten für die landwirtschaftliche Nutzung in den Betriebsregionen von OCP zu entwickeln.

Berichten zufolge ist einer der drei potenziellen Standorte für OCPs/Engies Produktion von grünem Wasserstoff und Ammoniak das besetzte Gebiet der Westsahara, sofern der Tiefseehafen Dakhla Atlantique im Jahr 2029 fertiggestellt wird.

In einem Schreiben vom 14. Februar 2025 hat Western Sahara Resource Watch (WSRW) Engie um Klarstellung gebeten. Das Unternehmen hat nicht geantwortet. Sowohl das schwedische Unternehmen Epiroc/Atlas Copco als auch das deutsche Unternehmen Continental sowie das dänische Beratungsunternehmen COWI gehören zu den zahlreichen Unternehmen, die sich aus der Partnerschaft mit OCP in dem Gebiet zurückgezogen haben.

Sollte das Projekt in den besetzten Gebieten durchgeführt werden, wäre es nicht das erste Engagement von Engie.

Im Jahr 2018 erteilte die marokkanische Regierung dem Unternehmen einen Auftrag für eine windbetriebene Entsalzungsanlage, nachdem Engie sich in einem Ausschreibungsverfahren mit Nareva, einem marokkanischen Energieunternehmen, das sich zu 100 % im Besitz des marokkanischen Königs befindet, zusammengetan hatte. Wie marokkanische Medien berichteten, soll die Anlage vor allem der Agrarindustrie in der Nähe von Dakhla zugute kommen: riesige Plantagen, die entweder französisch-marokkanischen Konglomeraten oder dem König von Marokko selbst gehören und die genau die Produkte erzeugen, die Gegenstand der Urteile des EU-Gerichtshofs waren.

Marokkanische Medien berichteten letzten Monat, dass das 33/225-kV-Umspannwerk des Windparks mit einer installierten Leistung von 60 MW gerade fertiggestellt wurde.

Engie hat seine Beteiligung an Marokkos Entsalzungsprojekt in den besetzten Gebieten damit verteidigt, dass „alle relevanten Interessengruppen, darunter natürlich auch die lokale Bevölkerung, konsultiert wurden“.

Der EU-Gerichtshof hat diese Argumentation jedoch in seinem Urteil vom Oktober 2024 verworfen und das Handels- und Fischereiabkommen zwischen der EU und Marokko in der Westsahara für nichtig erklärt. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass eine Konsultation der lokalen Bevölkerung - die in der Mehrheit keine Sahrauis sind - nicht das Recht der Sahrauis ersetzen kann, über die Nutzung ihres Landes und seiner Ressourcen zu entscheiden.

Engie hatte das Beratungsunternehmen Global Diligence beauftragt, „alle beteiligten Interessengruppen zu konsultieren“, wie es gegenüber WSRW hieß. Global Diligence beantwortet keine Fragen dazu, wie es sich mit den grundlegenden Rechtsprinzipien verhält, die für die Westsahara als Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung ohne zugewiesener Verwaltungsmacht gelten, dessen Volk ein Recht auf Selbstbestimmung hat. Engie bezeichnet das Gebiet in den Projektunterlagen fälschlicherweise als „Marokko“.

WSRW forderte Engie im Oktober 2023 erneut auf, die Global Diligence-Studie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, da sie anscheinend nicht zwischen marokkanischen Siedler:innen und Sahrauis unterscheidet.


 

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